Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Rechnungshöfe wollen Klubs ans Geld
Müssen zukünftig neben Werder Bremen weitere deutsche Fußballvereine bei Hochrisikospielen für die zusätzlichen Kosten der Polizei aufkommen? Die Finanzkontrolleure der Länder legen das Bremer Modell auch anderen nahe.
BERLIN (dpa/klü) Im Streit um die Erstattung zusätzlicher Polizeikosten bei Hochrisikospielen droht dem deutschen Fußball Ungemach. Die Präsidenten der Rechnungshöfe der Länder und des Bundes halten es für richtig, Gebühren für zusätzliche Polizeikosten bei sogenannten Hochrisikospielen in Fußballstadien zu verlangen. Einen entsprechenden Beschluss fassten sie zum Abschluss ihrer Herbstkonferenz am Mittwoch in Berlin.
Bislang hat der Stadtstaat Bremen als einziges Bundesland eine entsprechende Gebührenordnung. „Wir empfehlen, dass auch die anderen Länder solche Gebührentatbestände einführen“, sagte die Präsidentin des Berliner Rechnungshofs und Gastgeberin des Treffens, Karin Klingen, im Anschluss an die Konferenz.
Klingen wies darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit dieser Regelung im März 2019 bestätigt habe. Die Rechnungshöfe betrachteten es als sinnvoll, wenn bei gewinnorientierten Hochrisikoveranstaltungen, die erfahrungsgemäß zu einem polizeilichen Mehraufwand führten, vom Veranstalter Gebühren erhoben werden könnten, sagte sie. Zur Begründung sagte sie, es sei für die Länder notwendig, bei Einnahmen und Ausgaben Prioritäten zu setzen. „Wir würden das als eine Möglichkeit sehen, staatliche Einnahmen sinnvoll zu verbessern.“
NRW will trotz der Empfehlung auch weiterhin keine Gebühren für zusätzliche Polizeikosten bei Hochrisikospielen in Fußballstadien verlangen. „Entsprechende Pläne werden derzeit nicht verfolgt“, teilte das Innenministerium mit. Bayern äußerte sich ähnlich.
Borussia Mönchengladbach bekräftigte auf Anfrage unserer Redaktion die Ablehnung des Bremer Modells. Man sei der Auffassung, „dass es nicht richtig ist, die Klubs aus dem Profifußball, die jedes Jahr weit mehr als eine Milliarde Euro Steuergelder an den Staat abführen und darüber hinaus viele Millionen Euro in Fan- und Sozialarbeit investieren, um gesamtgesellschaftliche Probleme zu bekämpfen, in solchen Fällen zusätzlich in eine Kostenübernahme zu zwingen“, sagte Markus Aretz, Gladbachs Direktor Unternehmenskommunikation. Man mache damit eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Staat für die Wahrnehmung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verantwortlich ist. „Wer dies verlangt, muss eine ähnliche Kostenübernahme auch bei anderen Großveranstaltungen, bei denen es zu Polizeieinsätzen kommt, verlangen“, so Aretz weiter.
Die Deutsche Fußball Liga wollte sich zu dem Beschluss zunächst nicht äußern. Sie sieht die Erstattung zusätzlicher Polizeikosten bei Hochrisikospielen aber grundsätzlich als rechtswidrig an.
Hintergrund des Streits ist die Vorgehensweise des Landes Bremen, das solche Gebührenscheide für Polizeikosten bei sogenann
ten Hochrisikospielen an die DFL geschickt, die diese an den aktuellen Fußball-zweitligisten SV Werder weitergeleitet hatte. Werder entstanden dadurch bei jedem betroffenen Spiel Kosten in sechsstelliger Höhe. Das Land Bremen und die DFL hatten über dieses Thema auch vor Gericht gestritten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte das Bremer Vorgehen vor zwei Jahren aber für rechtens erklärt. Der Bund der Steuerzahler hatte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) für dessen „erfolgreiches Engagement um die finanzielle Beteiligung des Profifußballs an dem besonderen Polizeiaufwand bei sogenannten Hochrisikospielen“erst im Juli mit einem Preis ausgezeichnet.
Dass die Rechnungshofpräsidenten den Beschluss erst mehr als zwei Jahre nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gefasst haben, begründete Klingen damit, dass man nicht während der Pandemie darüber entscheiden wollte, als es bei den Fußballspielen erhebliche Einschränkungen gegeben habe. „Deshalb erfolgt das nun.“Klingen wies darauf hin, dass Fußball der Hauptanwendungsfall sei, es aber grundsätzlich um Hochrisikoveranstaltungen gehe, bei denen regelmäßig ein hoher polizeilicher Mehraufwand entstehe.