Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Preußer zieht bei Fortuna deutlich Bilanz
Von wegen Schönreden oder Durchhalteparolen – der Trainer blickt ehrlich auf seine ersten Monate beim Zweitligisten.
Sich der Kritik überhaupt zu stellen, ist zunächst schon einmal nicht jedem gegeben. Deshalb gebührt Christian Preußer durchaus Respekt dafür, dass er zu einer Runde einlädt, bei der es vornehmlich darum geht, seine Arbeit zu sezieren – aber auch aus seiner Sicht zu hören, warum, wieso, weshalb. Preußer, 37, geht schonungslos mit sich und seinem Team ins Gericht. Kernbotschaft: „Wir haben zu wenig Punkte geholt!“
Es habe zwar auch ein paar enge Spiele gegeben, die hätten so oder so ausgehen können, aber: „Mit der Punktausbeute sind wir nicht zufrieden. Über allem steht die Tabelle und da haben wir zwei bis vier Punkte zu wenig.“
Warum das so ist? Etwas fehlendes Spielglück, aber vor allem selbstgemachte Probleme. „Wir haben in entscheidenden Phasen zu wenig Kontrolle über das Spiel“, sagt Preußer. „Da gelingt uns ein Führungstreffer und den Vorteil geben wir wieder zu schnell her.“Nötig sei, dann Personal auf dem Platz zu haben, das dementsprechend auf das eigene Spiel einwirkt, lieber einen Spielzug abbrechen, Ruhe hineinbringen, noch einmal von vorne aufbauen.
Es geht um Erfahrung, individuelles Handwerkzeug und die nötige Zeit, Ideen und Konzepte zu vermitteln. Fortuna, so Preußer, habe ihren Stil gar nicht entscheidend umgestellt, sondern lediglich angepasst. „Ich würde nicht unterschreiben, dass wir der Ergebnisse wegen Kompromisse eingehen“, sagt er. „In dem ganzen Prozess nehmen wir Anpassungen vor, und die kann man auch ganz klar benennen.“
Es ist ein schmaler Grat, Entwicklungen voranzutreiben, Rückschläge einzugestehen – und am Ende mit dem arbeiten zu müssen, was eben zur Verfügung steht. Was klar in seinen Bereich fällt: mehr Konstanz in die Leistungen seiner Spieler zu bekommen. Denn noch zu oft, wie er eingestehen muss, sind die Darbietungen Einzelner zu krass schwankend. „Man kann mal eine nicht so gute Tagesform haben, aber Grundsätze müssen dann doch abgerufen werden. Da sind wir noch ein bisschen an der Schwelle, wo es hoch und runter geht. Das müssen wir ein bisschen ausgleichen.“
Preußer wird sehr sicher die Zeit bekommen, die Mannschaft weiterzuentwickeln. Die Formkurve sollte allerdings immer ein Stückchen weiter nach oben gehen. In Sachen Saisonziel ist man bei Fortuna in diesem Jahr bewusst schwammig geblieben, wenngleich Uwe Klein als Sportvorstand mit seiner Aussage im „Express“, die Erwartungshal
tung recht konkret gemacht hatte.
„Aber wir sind auch ambitioniert. Wir wollen keine Durchschnittssaison spielen, das ist klar. Wir wollen im oberen Drittel landen, das steht fest“, sagte er vor Saisonbeginn. „In der vergangenen Saison haben Teams oben mitgespielt, die nicht das Ziel Aufstieg ausgegeben haben. 2017/2018 sind wir mit dem Ziel Platz eins bis sechs in die Saison gegangen. Am Ende wurden wir Erster.“Nachfrage: Wo denn sein Kader Kader im Vergleich stünde? Klein: „Genau in diesem Raster: Platz eins bis sechs.“
Für Preußer ist das alles noch in Greifweite. Zwischen Tabellenplatz zwölf, auf dem die Düsseldorfer derzeit rangieren, und dem Spitzenteam liegen allerdings auch schon acht Punkte. Vielleicht sollte man sich nicht in Träumereien verstricken, sondern deutlich machen, was diese Spielzeit vermutlich ist: eine Übergangssaison. Heißt ja nicht, dass man nicht dennoch ambitioniert sein kann.