Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Szene-künstlerin starb mit 74 Jahren
ERINNA KÖNIG
Als das Kunstmuseum Bonn 2010 den interessantesten Künstlern des Rheinlands mit der Ausstellung „Der Westen leuchtet“ein Denkmal setzte, gehörte die immerhin schon 63-jährige Erinna König zu den faszinierendsten Entdeckungen. Vor einem Jahr küsste Thomas Schütte die Kollegin in einer fulminanten Ausstellung in seinem Pavillon wach. Prompt wurden Arbeiten von ihr in die Sammlung der Bundesrepublik aufgenommen. Erste Museen zeigten sich interessiert. Doch all das kam zu spät. Vor wenigen Tagen ist die berühmte Szene-künstlerin verstorben. Sie wurde 74 Jahre alt.
Wie Jörg Immendorff begann sie in der Protestbewegung der 1960erJahre, studierte an der Kunstakademie beim Bühnenbildner Teo Otto, bei Dieter Roth und Joseph Beuys, dessen Meisterschülerin sie wurde. Sie gehörte zu den Mitbegründern der Filmklasse und des Studentenparlaments, machte aber auch beide Staatsexamina mit Auszeichnung und unterrichtete an Düsseldorfer Gymnasien. Als sie mit dem Unterrichten aufhörte, um frei zu sein für ihr eigenes Werk, wurde sie geschäftsführende Gesellschafterin des „Op de Eck“am Grabbeplatz, wo sie mit einer Prokuristin und mit 25 Mitarbeitern arbeitete, um sich ihre Zeit selbst einzuteilen. Denn nach getaner Arbeit ging es ins Atelier. Das war auch so, als sie eine Vertretungsprofessur an der Kunsthochschule Kassel hatte.
Oft nahm sie Fundstücke aus dem Alltag, um sie in neue Zusammenhänge zu bringen. Sie wirkten minimalistisch verfremdet, besaßen jedoch eine fast klassische Schönheit, als seien sie kostbar. Alles wirkte makellos und doppeldeutig zugleich. Das Vexierspiel zwischen Kunst und Alltag gelang ihr durch geringe, aber wirkungsvolle Eingriffe.
Schwerkrank stellte sie noch mit einem kleinen Team ihr Werkverzeichnis fast fertig. Was nun aus ihrem großen Nachlass wird, ist noch unklar. Helga Meister