Rheinische Post – Düsseldorf Stadt
Stephan Kaluza hat große Pläne
Der Künstler hat ein neues Buch geschrieben und kündigt für Ende Oktober die Gründung eines neuen Kunstvereins an.
OBERKASSEL Die Welt des Stephan Kaluza ist eine besondere: Sein Atelier in einem Hinterhof, wo Kindergartenkinder beim Spielen kreischen und Verona Pooths Beauty-firma sitzt, ist schon fast legendär, denn es gleicht einem Museum. Ein 200 Jahre altes Goethe-porträt hängt dort an der Hansaallee, ein gigantischer Beichtstuhl steht dort, Bücher, die Hunderte von Jahren alt sind, eine Fruchtbarkeitsgöttin aus Uganda. Die brachte er von einer seiner vielen Reisen mit. Oft ist der 57-Jährige unterwegs, wenn nicht gerade Corona ist. Diese Phase nutzte der Fotograf und Maler aber, um ein neues Sachbuch zu schreiben. Es ist sein zehntes dieser Art, ein Essay. Der Titel: „Die dritte Natur.“
„Es ist der Blick des Künstlers auf die Natur. Zu Anfang gab es eine Symbiose zwischen Mensch und Natur“, erklärt Kaluza. „Der frühe Mensch lebte in und mit der Natur. Es gab keine Trennung. Die zweite Natur ist die der Mittelbarkeit: Man sieht die Natur als Ressource. Sie wird als etwas begriffen, was man ausbeuten kann.“Die dritte Natur sei die, die nicht mehr zu retten sei. Was stattdessen sehr vorangetrieben werde, seien Computerspiele, virtuelle Welten. „Die totale Illusion. Da ist die Natur oft vollkommen unberührt. Meine Theorie: Dass wir uns auf diese digitale Natur zubewegen, wir schaffen uns eine Ersatzwelt, an der auch wir Künstler maßgeblich beteiligt sind.“Die alte Naturwelt – unter anderem mit Wäldern – sei im Vergehen.
Das ist also das neueste Werk von Kaluza, der insgesamt – seine Fotobände eingerechnet – schon etwa 30 Bücher veröffentlichte. Unentwegt scheint er sich im Arbeitsprozess zu befinden. Wenn er nicht malt, dann schreibt er oder macht beides parallel, und wenn er schreibt, dann nicht nur Sach- oder Kunstbücher, sondern auch Romane oder Theaterstücke. Um sich herum hat er dabei seine vier Hunde, zu denen sich bald noch ein fünfter gesellen wird.„die strahlen eine selige Ruhe und Genügsamkeit aus.“
Gemalte Filmszenen hängen an
Kaluzas Wänden, ein Gemälde vom Regenwald auf den Seychellen, das aussieht wie ein Foto. „Ich fotografiere ja überall auf der Welt, das Reisen ist meine große Leidenschaft. Und dann male ich diese Fotos, aber nie ganz so wie sie ursprünglich sind, ich modifiziere sie. So wie die Landschaften dann auf dem Gemälde sind, so gibt es sie in der Echtzeit gar nicht.“
Seine Naturbilder heißen Transit. 200 Werke entstanden in knapp zwei Jahren. In der Regel sind sie dreiteilig. „Das erste Gemälde ist noch fotorealistisch, die beiden anderen werden dann blasser.“Er sei ohnehin Naturmensch durch und durch, sagt er. Schon bei der Arbeit für sein Rheinprojekt, bei dem er acht Monate dem Fluss folgte, hätte ihn die Erfahrbarkeit der Natur fasziniert und berührt.“Doch nun stünde die dritte Natur an, um der Logik seines Buches zu folgen. „Der Mensch wird sich am Ende entscheiden müssen: Wähle ich die Realität oder die perfekte Welt, die im Digitalen simuliert wird?“
Während sich Kaluza einerseits in diesen Denk-sphären bewegt, ist er ein Mann fürs Praktische. So kündigt er an, dass sich seine Ateliers an der Hansaallee um eine „gefährliche neue Location“erweitern werden. Ab 30. Oktober wird es den neuen Verein „Kunst und Haltung“geben. „Der Kunstverein soll ein kultureller Begegnungsraum sein, ein Salon des Diskurses und der Diversität, ein inklusiver Raum, ein Ort kulinarischer und interdisziplinärer Veranstaltungen.“Bei der Eröffnung wollen Kaluza und seine Weggefährten eine kleine Auswahl ihrer Werke zeigen: Dieter Nuhr, Horst Wackerbarth und Jiny Lan aus der benachbarten Ateliergemeinschaft sind dabei. „Es gibt eine Menge Kunstvereine. Aber wir haben einen speziellen Fokus: Es gibt einen israelischen Schwerpunkt. Kunst und Wissenschaft ist ein weiterer Schwerpunkt. Denn Innovationen kommen fast nur noch über Wissenschaft und Technik.“Diese Idee sei in ihm herangereift, sagt Kaluza. Die Umbauarbeiten sind in vollem Gange. Es sollen auch Veranstaltungen in dem neuen Kunstverein stattfinden.