Rheinische Post – Düsseldorf Stadt

Neues Geläut für die Schlosskir­che

In Eller werden ab Juni neue Töne angeschlag­en. Die Kirchenglo­cken wurden ausgetausc­ht. Warum das auch ein Symbol für die Gemeindefu­sion ist und was das mit dem Ersten Weltkrieg zu tun hat.

- VON TINO HERMANNS

Vor den Gottesdien­sten in der Schlosskir­che ist es still. Mehr als 100 Jahre lang hat das Geläut von drei Stahlglock­en die Protestant­en zu den Gottesdien­sten eingeladen, doch seit Anfang März ist der Dreiklang verstummt. Die Glocken mit den Inschrifte­n „Gerecht durch den Glauben“(Röm 5, 1), „Hoffnung lässt nicht zuschanden werden“(Röm 5,5) und „Gott ist die Liebe“(1. Joh 4, 16) also Glaube – Hoffnung – Liebe, sind abgebaut und stehen am Boden. Ihr Klang wird nie wieder über Eller zu hören sein. „Für die drei Stahlglock­en läuft der Verkaufspr­ozess“, erläutert Kornelius Heering, Pfarrer der evangelisc­hen Mirjam-kirchengem­einde. „Wir wünschen uns, dass die Glocken auch zukünftig zu Gottesdien­sten einladen.“

Der Abschiedsc­hmerz der Elleraner vom vertrauten Klangbild wird spätestens ab dem 25. Juni durch das Geläut von sechs Bronzegloc­ken versüßt. Die „neuen“Glocken wurden rund um Pfingsten in den 33 Meter hohen Glockentur­m gezogen. Jetzt steht noch die weitere technische Ausgestalt­ung, also die Installati­on des Schwungrad­es, des Motors, der Verkabelun­g und der digitalen Steuerung, inkl. Funksender an. „Das dauert noch ein paar Tage“, verrät Baukirchen­meister Georg Banning. „Wann der erste Ton bei Gottesdien­sten, Taufen, oder Hochzeiten erklingt, wissen wir noch nicht genau, aber wir wissen, dass wir am 25. Juni ein Glockenfes­t feiern werden.“

Neu sind die mit As‘, B‘, C‘‘, Des‘‘, S‘‘ und F‘‘ gestimmten Glocken nur für die Schlosskir­che. Das „neue“Geläut tat bereits viele Jahre seinen Dienst in der Lukas- und Jakobuskir­che. „2018 wurden die Gemeinden der Schlosskir­che in Eller mit denen der Jakobuskir­che im Gurkenland und der Lukaskirch­e in Lierenfeld fusioniert“, erläutert Heering. „Das jetzt fünf Glocken aus Jakobus und eine aus Lukas zusammen in der Schlosskir­che erklingen werden, ist auch ein Zeichen für das Zusammenwa­chsen der Gemeinden.“

Ursprüngli­ch erklangen drei Bronzegloc­ken aus den Schall-luken des Kirchturms der 1905 gebauten dreischiff­igen Basilika in Eller. Die wurden aber im Ersten Weltkrieg eingeschmo­lzen und Kanonen aus dem Material gegossen. Ab 1923 hingen dann die Stahlglock­en als sogenannte­s Notgeläut im Turm. „Es hat 100 Jahre gedauert, bis bei uns die letzten Folgen des Ersten Weltkriege­s beseitigt wurden“, meint der Pfarrer.

Billig ist die Aktion, obwohl sie im Zuge der Nachhaltig­keit ja auf Recycling und Wiederverw­endung setzt, nicht. Die Statik des Glockentur­ms musste geprüft werden, das alte Stahlträge­rsystem für die Glocken wurde durch dicke Eichenbalk­en ersetzt, und Fachfirmen, die sich mit der Installati­on von 125 bis 650 Kilogramm schweren Bronzegloc­ken auskennen, sind auch nicht an jeder Ecke zu finden.

Kaum gefunden stellten die Experten dann aber auch noch ein paar Mängel fest, die das Laienauge nicht erkennen konnte, und deren Beseitigun­g dann weitere Kosten verursacht­e. „Wir konnten bereits zwei der Lukas-glocken, die nicht zum neuen Klangbild der Schlosskir­che gepasst haben, verkaufen“, sagt Heering. „Wir haben auch durch Spenden und den Verkauf von Glockenplä­tzchen in der Adventszei­t 5500 Euro gesammelt, und der Kirchenkre­is beteiligt sich ebenfalls.“Und die drei alten Klangerzeu­ger aus Stahl werden auch noch ein paar Euro einbringen.

Ganz problemlos war der Austausch vor Ort nicht. Durch die Schall-luken passten weder die alten noch die neuen Glocken. Also musst der Blasebalg-motor für die Orgel im Turm ausgebaut werden, so das die Stahl-glocken auf direktem Wege hinunterge­lassen und die besser klingenden Bronzegloc­ken hinaufgehi­evt werden konnten. Jetzt hängen die sechs neuen evangelisc­h-christlich­en Tonerzeuge­r auf vier Ebenen im Glockentur­m. „Wenn man sich ansieht, wie lange das Notgeläut gehangen hat, ist das wohl auch eine Jahrhunder­t-aktion gewesen“, urteilt Heering. „Ich freue mich sehr darauf, demnächst die Gemeindemi­tglieder mit dem neuen Geläut zum Gottesdien­st einzuladen.“

 ?? RP.FOTO: OLAF DÖRING ?? Michael Zumkley von der Firma Petit & Edelbrock in Gescher montiert im Gestühl der Schlosskir­che die Bronzegloc­ken aus der Jakobus- und der Lukaskirch­e.
RP.FOTO: OLAF DÖRING Michael Zumkley von der Firma Petit & Edelbrock in Gescher montiert im Gestühl der Schlosskir­che die Bronzegloc­ken aus der Jakobus- und der Lukaskirch­e.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany