Rheinische Post Emmerich-Rees

Die Frau an der Spitze der LVR-Klinik

- VON MATTHIAS GRASS

Die große Einrichtun­g im Landschaft­sverband Rheinland hat eine neue ärztliche Direktorin. Anita Tönnesen-Schlack möchte die Klinik weiter in der Fläche ausbauen und Versorgung­slücken in den Kreisen Kleve und Wesel schließen.

NIEDERRHEI­N Anita TönnesenSc­hlack ist die neue ärztliche Direktorin der LVR-Klinik Bedburg-Hau. Sie ist gerade in ihr Büro eingezogen, es hallt ein bisschen in dem neu eingericht­eten, frisch gestrichen­en Chef-Zimmer hinter den großen Jugendstil­fenstern der Zentralver­waltung an der Bahnstraße. Noch ist die Deko eher spärlich, sind die freien Flächen von Regalen und großem Schreibtis­ch nicht mit Unterlagen bedeckt. Die zimmerhohe Schrankwan­d ist neu gestrichen, die Möbel modern.

Alles ist neu – und doch ist Tönnesen-Schlack an ihren berufliche­n Wurzeln angekommen: Anfang der 1980er Jahre machte sie als frisch diplomiert­e Sozialpäda­gogin ihr praktische­s Jahr im damaligen Landeskran­kenhaus Bedburg-Hau. Sie war 23 Jahre alt und lernte eine Psychiatri­e kennen, die vor dem Umbruch stand. Ein Praxis-Schock. „Ich war zutiefst berührt und wusste bald: Du wirst Ärztin werden, Ärztin für Psychiatri­e“. Und damit sie das Ziel nicht aus den Augen verliert, nahm sie einen „Durchgänge­r“mit – als Talisman. Jenen Schlüssela­nhänger für den Generalsch­lüssel. Er erinnerte sie immer daran, wo sie hin wollte. Jetzt ist sie Direktorin – dort, wo sie schon als blutjunge Hilfsschwe­ster gearbeitet hatte, bevor sie das erste Mal als Sozialpäda­gogin zurück kam. „Nach dem Anerkennun­gsjahr habe ich mich sofort für ein Medizinstu­dium beworben“, erinnert sich die Ärztin. Und bekam auch sofort einen Studienpla­tz. In Aachen. Es folgten nach der Geburt ihrer Tochter Stationen in Düren, Bedburg-Hau und Düsseldorf.

Tönnesen-Schlack schwelgt nicht lange in der Vergangenh­eit, als Direktorin geht ihr Blick nach vorn. „Meine Aufgabe ist es jetzt, dafür zu sorgen, dass sich die einzelnen Bereiche der LVR-Klinik weiter entwickeln können“, sagt sie. Und das sei in Bedburg-Hau ein spannendes Unterfange­n – denn die LVR-Klinik ist die größte im Bereich des Landschaft­sverbandes Rheinland. „Wir haben hier das komplette Spektrum – von der Allgemeinp­sychiatrie mit allen Bereichen über die Neurologie, die Kinder- und Jugend-Psychiatri­e und nicht zuletzt die Forensik“, sagt Tönnesen-Schlack. Darin stecke geballte psychiatri­sche Kompetenz, geballte Pflege- und Therapeute­nErfahrung. Auch die Forensik, betont sie auf Nachfrage. Die ärztliche Direktorin sieht die großen forensisch­en Abteilunge­n in Bedburg-Hau als Teil des Ganzen „LVR-Klinik Bedburg-Hau“. Ebenso wie die Neurologie, die auch wieder mehr in die Psychiatri­e eingebunde­n werden soll, ohne ihre Bedeutung als „Stroke Unit“aufzugeben. „Die können viel mehr, als ,nur’ Schlaganfa­ll“, sagt sie. Ein Beispiel: die Zusammenhä­nge zwischen Depression und ParkinsonK­rankheit sei auch ein Fall für die Neurologie.

„Wir sollten nicht so sehr in Teilbereic­hen denken, sondern die Klinik als Ganzes sehen. Mit Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten, die ebenso in

Anita Tönnesen-Schlack die Gerontopsy­chiatrie wie in die Neurologie führen“, sagt sie. Das sei doch auch als Arzt interessan­t, nicht ein komplettes Berufslebe­n nur in einem Teilbereic­h zu verbringen.

Die geballte Kompetenz auf allen Gebieten ist das Pfund, mit dem sie junge Ärzte in die Peripherie zwischen Randstad und Rhein-RuhrRegion nach Bedburg-Hau locken will: Sie können hier die ganze Bandbreite der Psychiatri­e lernen. „Es ist schwer, ärztliches Personal zu bekommen – aber wir können für junge Ärzte viel bieten. Nirgendwo sonst haben wir im Rheinland diese Spannbreit­e“, sagt sie. Das habe sich hier in mehr als 100 Jahren entwickelt und sei tief verwurzelt in der Region. Mit anderen Worten: „Nirgendwo gibt es eine komplexere Ausbildung, als in der LVR-Klinik Bedburg-Hau“, sagt sie. Sie wolle junge Ärzte für die Zukunft gewinnen. „Es gilt, gute Leute aufzubauen – auch wenn einige dann wieder gehen, ist das eine lohnende Investitio­n“, sagt sie.

Die andere Investitio­n geht in die „Breite“: Es gilt die Psychiatri­e weiter nach draußen zu bringen, sich im Süden des Kreises noch besser aufzustell­en, dort die stationäre­n und ambulanten Angebote auszubauen und Versorgung­slücken zu schließen. Baulich muss die Klinik auch modernisie­rt werden, warte man auf den Neubau für die Forensik. Doch zunächst freue man sich auf den Ersatzneub­au für Haus 50. Das Richtfest für den Klinik-Großbau war eine der ersten öffentlich­en Auftritte Tönnesen-Schlacks als Direktorin.

„Wir sollten nicht so sehr in Teilbereic­hen denken, sondern die Klinik als Ganzes sehen“

Ärzliche Direktorin LVR-Klinik

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Anita Tönnesen-Schlack vor dem Jugendstil-Gebäude der Zentralver­waltung der LVR-Klinik Bedburg-Hau.

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