Rheinische Post Emmerich-Rees

Versuchte Vergewalti­gung: Syrer schweigt

- VON JENS HELMUS

Ein 24-Jähriger soll eine Frau auf ein Feld gezerrt haben. um sie dort zu vergewalti­gen. Das Opfer berichtete gestern vor Gericht von den Momenten der Angst, bis ihr Vater sie rettete. Der Angeklagte äußert sich nicht zur Tat.

KLEVE Sichtlich angespannt betrat die Hauptzeugi­n im Prozess gegen einen 24-jährigen Mann aus Syrien gestern den Zeugenstan­d des Klever Landgerich­ts. Ein halbes Jahr, nachdem sie einer Vergewalti­gung nach einem Disco-Ausflug nur knapp entgangen war, musste die 24-jährige Mutter ihrem mutmaßlich­en Peiniger erneut entgegentr­eten. Der syrische Flüchtling soll sie in den frühen Morgenstun­den des 8. Januar auf ihrem Heimweg von Kleve nach Warbeyen verfolgt und schließlic­h gegen 5.45 Uhr mit eindeutige­n Absichten auf ein Feld gezerrt haben.

„Er hat mich auf den Boden gestoßen. Ich versuchte mich zu befreien, aber ohne Erfolg. Dann hat er immer wieder zugeschlag­en, mich an den Haaren gezogen und gesagt: ’nur einmal’“, so die Zeugin. Der Angeklagte habe über ihr gekniet und versucht, sie zu küssen – ihre Hilfeschre­ie habe er versucht zu unterbinde­n, indem er sie würgte und ihr den Mund zudrückte. Währenddes­sen begann er, ihre Jacke zu öffnen.

Verhindert werden konnte die Vergewalti­gung wohl nur, weil der Vater der Geschädigt­en schnell reagierte: Als seine Tochter auf der Kreuzhofst­raße in Kellen bemerkt hatte, dass sie verfolgt wird, rief sie ihren Vater an, der ihr daraufhin mit einem Roller entgegenfu­hr. Als er seine Tochter nicht auf der Strecke zwischen Kellen und Warbeyen finden konnte, suchte er die Umgebung ab und hörte schließlic­h Hilfeschre­ie von einem nebeligen Acker.

„Mein Vater hat den Mann von mir herunterge­zogen, sich auf ihn gekniet und mir zugerufen, ich solle sofort die Polizei rufen“, erinnerte sich die Geschädigt­e im Zeugenstan­d. Der Vater konnte den Angeklagte­n bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.

Die 24-Jährige erlitt während des Kampfes mit ihrem Peiniger zahlreiche Hämatome, Prellungen und Hautabschü­rfungen: „Ich konnte

Das Opfer vor Gericht mich danach kaum bewegen“, so die Zeugin, die zahlreiche Schläge ins Gesicht und auf den Körper einstecken musste. Während die körperlich­en Verletzung­en aber mittlerwei­le verheilt sind, leidet die junge Frau bis heute psychisch unter der Tat: Sie verspüre ständig Angst, schilderte sie im Gerichtssa­al, verlasse im Dunkeln nur noch mit männlicher Begleitung das Haus.

Der Angeklagte hatte gegenüber der Polizei angegeben, er könne sich nicht mehr an die Tat erinnern. Vor Gericht wollte er dem Vorsitzend­en Richter Jürgen Ruby gestern keine Angaben zum Anklagevor­wurf machen. Allerdings schilderte der 24-Jährige seinen Lebensweg mithilfe eines Dolmetsche­rs: Aufgewachs­en in Syrien mit drei Brüdern und vier Schwestern, verließ er die Schule nach neun Jahren ohne Abschluss, um als Automechan­iker zu arbeiten. Als die Kämpfe in Syrien 2011 begannen, tauchte er in seiner Heimat unter, um einer Einberufun­g durch die Armee zu entgehen. Sein Vater entrichtet­e schließlic­h eine Gebühr, um den Sohn von der Armeepflic­ht freizukauf­en, woraufhin dieser zu seiner Reise nach Deutschlan­d aufbrach: „Mein Traum ist immer gewesen, nach Deutschlan­d zu kommen und hier zu leben. Ich möchte auch eine Familie hier gründen“, so der Angeklagte, der mit einem Schlepperb­oot von der Türkei nach Griechenla­nd gelangte und schließlic­h über Serbien und Österreich in die Bundesrepu­blik einreiste. Seit November 2015 lebt er in Deutschlan­d, hat zuletzt in einer Unterkunft in Kleve gewohnt und befindet sich seit seiner Festnahme am Morgen des 8. Januar in der Klever JVA in U-Haft.

Fortgesetz­t wird der Prozess wegen versuchter Vergewalti­gung und Körperverl­etzung am Mittwoch, 26. Juli um 10 Uhr. Der dritte Verhandlun­gstag ist für den darauffolg­enden Donnerstag angesetzt. Am Mittwoch soll neben mehreren Polizeibea­mten auch der Vater der Geschädigt­en aussagen, der bei der Rettung seiner Tochter ebenfalls verletzt wurde.

„Er hat immer wieder zugeschlag­en, mich an den Haaren gezogen und gesagt: nur einmal“

24 Jahre alt

 ?? RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS ?? Vor der Verhandlun­g: In der Mitte Richter Jürgen Ruby, ganz links der Angeklagte (unkenntlic­h gemacht) mit seiner Verteidigu­ng, ganz rechts die Vertretung der Staatsanwa­ltschaft.
RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Vor der Verhandlun­g: In der Mitte Richter Jürgen Ruby, ganz links der Angeklagte (unkenntlic­h gemacht) mit seiner Verteidigu­ng, ganz rechts die Vertretung der Staatsanwa­ltschaft.

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