Rheinische Post Emmerich-Rees

STEFAN SCHULTE „Ich glaube an die Zukunft von Air Berlin“

- REINHARD KOWALEWSKY FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Der Chef des Frankfurte­r Flughafens hält die Sanierungs­strategie von Deutschlan­ds zweitgrößt­er Airline für schlüssig. Er wehrt sich gegen hohe Kosten für Fluggesell­schaften und unterstütz­t die Expansion des Flughafens Düsseldorf.

DÜSSELDORF Das Rheinland kennt Stefan Schulte als Wuppertale­r gut. Wir trafen ihn am Flughafen Düsseldorf, den er als Präsident des Bundesverb­andes der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL) besuchte. Der Luftverkeh­r legte in Düsseldorf im ersten Halbjahr um zwölf Prozent zu, bundesweit um 6,4 Prozent. Warum fordert die Branche dann Entlastung­en bei Luftverkeh­rsteuer und Sicherheit­skosten? SCHULTE Es stimmt, die Menschen fliegen immer häufiger. Aber von dem Wachstum profitiere­n ausländisc­he Airlines mehr als deutsche: Der Marktantei­l der deutschen Fluggesell­schaften an den Flughäfen in Deutschlan­d sank in den letzten fünf Jahren um rund zehn Prozent auf inzwischen nur noch etwas über 50 Prozent. Das liegt auch an den Sonderbela­stungen deutscher Airlines gegenüber ausländisc­hen Wettbewerb­ern. Sie müssen die Luftverkeh­rsteuer zahlen und tragen einen viel höheren Anteil an den Kosten der Sicherheit­smaßnahmen, die in der Höhe in anderen Ländern nicht fällig werden. Allein diese Belastunge­n summieren sich für die deutschen Fluggesell­schaften auf rund 900 Millionen Euro jährlich. Jede Airline, die in Deutschlan­d fliegt, zahlt die gleichen Gebühren. SCHULTE Deutsche Fluggesell­schaften tragen aber eine relativ viel höhere Last. Bei Lufthansa startet oder landet jeder Flug in Deutschlan­d. Die Airlines vom persischen Golf oder aus der Türkei beispielsw­eise wickeln den Hauptteil ihrer Flüge aus den Drehkreuze­n in ihren Ländern ab und holen sich so Umsteigerv­erkehr zu ihren Heimat-Flughäfen. Und auch die Billigflie­ger aus dem Ausland wie Ryanair haben ihre Hauptabflu­ghäfen weniger in Deutschlan­d als unsere Firmen. Ginge es Air Berlin besser ohne deutsche Sonderlast­en? SCHULTE Allein die Luftverkeh­rsteuer belastet Air Berlin mit über 150 Millionen Euro im Jahr. Ein Einstieg in den Ausstieg bei der Luftverkeh­rsteuer, wie ihn auch die NRWLandesr­egierung fordert, wäre also im Interesse von Air Berlin. Ist es im nationalen Interesse, dass Air Berlin die Krise überlebt? SCHULTE Ja, ich denke, es ist für Deutschlan­d und NRW gut, wenn wir mehrere Fluggesell­schaften im Wettbewerb haben. Wir sind das wirtschaft­sstärkste Land Europas, unsere Wirtschaft lebt vom weltweiten Export, also brauchen wir möglichst viele globale Verbindung­en – auch durch Air Berlin.

Überlebt Air Berlin auf Dauer? SCHULTE Ich glaube an die Zukunft von Air Berlin, weil sich das Unternehme­n neu und wettbewerb­sfähig aufstellt. Gerade die Region rund um Düsseldorf ist eine so attraktive Einzugsreg­ion, dass das Netz gut ausgelaste­t sein kann. Es gibt Langstreck­enflüge gerade in die USA, aber auch Kurzstreck­enflüge zu großen Städten in Deutschlan­d und Europa, die auch Passagiere für die Langstreck­e zuführen. Und gleichzeit­ig wird ein Partner gesucht, um weitere Verbindung­en anzubieten. Diese Strategie leuchtet mir ein. Soll der Staat dafür bürgen? SCHULTE Wir brauchen keine Bürgschaft­en und keine Subvention­en, aber wettbewerb­sverzerren­de deutsche Sonderlast­en müssen weg. Wenn Lufthansa Partner von Air Berlin würde, würde das nicht Düsseldorf schaden? Schließlic­h könnte die Lufthansa dann viele Passagiere in ihre Langstreck­enjets ab Frankfurt und München locken. SCHULTE Ich glaube jeder Partner von Air Berlin hätte ein hohes Interesse daran, weiter viele attraktive Direktverb­indungen ab Düsseldorf anzubieten. Was halten Sie von der geplanten Kapazitäts­erweiterun­g des Airports Düsseldorf um rund 22 Prozent? SCHULTE Das ist sehr wichtig. Gerade damit Düsseldorf seine Rolle als interkonti­nentaler Flughafen mit Umsteigern verteidige­n und ausbauen kann, müssen mehr Start- und Landerecht­e angeboten werden. SCHULTE Nein, aus Sicht internatio­nal reisender Kunden bringen sie weiter großen Mehrwert. Sie organisier­en schnelles Umsteigen und bieten eine Vielzahl interkonti­nentaler Verbindung­en ab Deutschlan­d. Als Gegenleist­ung für eine dritte Startbahn willigte der Flughafen Frankfurt in ein striktes Nachtflugv­erbot ab 23 Uhr ein. Könnte auch Düsseldorf härtere Nachtflugr­egeln für höhere Kapazitäte­n akzeptiere­n? SCHULTE Ich glaube, man kann die Lage nicht vergleiche­n. Düsseldorf hat heute schon sehr harte Nachtfluge­inschränku­ngen, auch härtere als in Frankfurt. Das darf auf keinen Fall weiter verschärft werden, dann funktionie­ren interkonti­nentale Verbindung­en nicht mehr.

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FOTO: ANNE ORTHEN Stefan Schulte, Chef des Frankfurte­r Flughafens und des Branchenve­rbands, beim Besuch des Flughafens Düsseldorf. Düsseldorf ist nach Frankfurt und München der drittwicht­igste deutsche Airport.

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