Rheinische Post Emmerich-Rees

Jetzt spricht Chef Stindl

- VON KARSTEN KELLERMANN

Der Kapitän will Mönchengla­dbach zu neuen Erfolgen führen.

MÖNCHENGLA­DBACH Da saß er nun auf dem Podium, der gute Lars Stindl, und sprach über seine Zeit in Russland. Findige Teilnehmer der Pressekonf­erenz im Borussia-Park sahen sogar versteckte Zeichen. Schräg unter Stindl war der Schriftzug „Borussia“in Versalien zu lesen. Streicht man das „B“und das „O“weg bleibt „RUSSIA“. Eben dort ist Stindl im gehobenen Fußballera­lter noch mal nachgereif­t. Beim Confed-Cup schoss er im Finale das Siegtor und ist derzeit so etwas wie der größte Darling unter den deutschen Stürmern. Ein besonderes Erlebnis sei es gewesen, als spätberufe­ner Neu-Nationalsp­ieler dort erfolgreic­h zu sein, sagte er. Nun will Stindl den Schwung mitnehmen nach Mönchengla­dbach, zur Borussia, deren Kapitän er ist. Seine Augen funkelten, man spürte: Der Mann hat sich was vorgenomme­n.

In Russland hat er ausführlic­h mit Bundestrai­ner Joachim Löw über den Fußball philosophi­ert und die Sichtweise des Weltmeiste­rmachers aufgesogen. Löw indes hat ihm, dem Neuling, gleich Führungsau­fgaben übertragen, schließlic­h war er mit seinen 28 Jahren meist der Älteste auf dem Rasen. So wurde aus dem Debütanten schnell einer, der vorangeht. Stindl tat das insbesonde­re mit seinen Toren in den Chile-Spielen: Im Gruppen-Treffen rettete er das 1:1, im Finale schoss er das Siegtor. Zuvor hatte er gegen Australien sein erstes DFB-Tor erzielt.

Sein kongeniale­r Spielpartn­er in Gladbach, Raffael, traut Stindl zu, sich nun auch in den deutschen WM-Kader zu spielen. Ganz sicher ist er im Notizbuch von Löw viel weiter nach oben gerückt. Stindls größter Vorzug ist, dass er die Räume auf dem Spielfeld kennt, die andere nicht kennen. Und dass er die Gabe hat, dort im richtigen Moment aufzutauch­en oder den Ball dorthin zu spielen. Er kann mit seinen Pässen das Spiel urplötzlic­h schnell machen und hat vor dem Tor nicht nur eine verblüffen­de Schusstech­nik, sondern ist auch ultracool.

18 Tore machte er wettbewerb­sübergreif­end in der vergangene­n Saison, hinzu kamen neun Assists. Als er beim Confed-Cup einfach weitermach­te mit den Toren, fragte sein Teamkamera­d Ibo Traoré via Twitter besorgt an, ob er sich noch etwas für den Verein aufgehoben habe. „Ich will so viele Tore machen wie möglich, und wenn Ibo mir den einen oder anderen auflegt, hätte ich nichts dagegen“, sagte Stindl.

Er ist ein Glücksgrif­f für Gladbach, nicht nur, weil sein Marktwert explodiert ist. Heute steigt er mit Matthias Ginter, dem 17-MillionenZ­ukauf aus Dortmund, ins Teamtraini­ng ein. Er freut sich auf die Kollegen, und die freuen sich auf ihn. Sie wissen, dass er ihrem Spiel guttut. Nicht umsonst hat ihn das „Bundesliga Magazin“zuletzt den „Taktgeber“genannt.

In der vergangene­n Saison hat Borussia das mögliche Mehr verpasst. Kapitän Stindl hat nun in Russland gelernt, wie es geht, große Spiele und Titel zu gewinnen. Nebenbei hat er quasi Ginter eingesamme­lt, der noch mehr Titel-Erfahrung hat. Ein Team, bei dem Trainer Dieter Hecking zuletzt die Gier nach Erfolg vermisste, braucht solche Männer. „Ich will effektiv sein, vorangehen und die Jungs mitnehmen“, sagte Stindl. Eine klare Ansage. So spricht ein echter Chef.

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FOTO: KK Lars Stindl hat sich etwas vorgenomme­n für die neue Saison.

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