Rheinische Post Emmerich-Rees

Nun drohen Diesel-Fahrverbot­e

- VON FRANZISKA HEIN, BIRGIT MARSCHALL UND FLORIAN RINKE

Die geplanten Nachrüstun­gen reichen laut Stuttgarte­r Verwaltung­sgericht nicht zur Luftreinha­ltung aus – ein Urteil mit Signalwirk­ung. Der Druck auf die Industrie und den Verkehrsmi­nister steigt.

BERLIN/DÜSSELDORF Nach einem Urteil des Stuttgarte­r Verwaltung­sgerichts sind jetzt Fahrverbot­e für ältere Diesel-Fahrzeuge in Städten möglich. Das Gericht gab gestern einer Klage der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) statt. Der Luftreinha­lteplan der Landesregi­erung von BadenWürtt­emberg reiche nicht aus, um die Luft in Stuttgart schnellstm­öglich zu verbessern, erklärte der Richter. Dazu sei das Land aber verpflicht­et. Der Gesundheit­sschutz sei höher zu bewerten als die Interessen der Diesel-Fahrer. Der Plan müsse nachgebess­ert werden. Fahrverbot­e wären dafür ein effektiver Weg.

Das Stuttgarte­r Urteil hat Signalwirk­ung für alle Städte, in denen die zulässigen EU-Grenzwerte für gefährlich­e Stickoxide überschrit­ten werden. Sie entstehen vor allem durch Dieselauto­s. Die Umwelthilf­e fordert daher ein generelles Fahrverbot für alle Diesel. Das konnte sie nicht durchsetze­n. Doch sprach sich das Gericht für die Einführung der „Blauen Plakette“in Städten aus. Auch sie liefe für einen Teil der Autos auf ein Einfahrver­bot hinaus.

Industrie und Politik stehen nun unter großem Druck, sehr bald befriedige­nde Lösungen zu finden. Auf einem Autogipfel am Mittwoch bei Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) wollen sie ein Maßnahmenb­ündel beschließe­n. Dobrindt setzt dabei auf Nachrüstun­gen der Motoren auf Kosten der Industrie. Allerdings hat diese bisher nur Software-Updates angeboten, deren Wirkung unzureiche­nd sein dürfte. Grüne und SPD fordern daher die teurere, echte Umrüstung von Teilen des Motors.

Das Gericht habe kein Fahrverbot vorgeschri­eben, sondern die Überarbeit­ung des Luftreinha­lteplans für Stuttgart, stellte Dobrindt klar. Er verwies zudem auf die mögliche Revision. NRW hat mit Einverstän­dnis der DUH das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig angerufen, um zu klären, ob Kommunen Fahrverbot­e für Diesel nach geltender Rechtslage überhaupt verhängen dürfen. Ein Urteil wird erst für 2018 erwartet. Nach Ansicht des Stuttgarte­r Richters ist ein Fahrverbot ab 1. Januar 2018 rechtlich möglich.

Auch die NRW-Landesregi­erung lehnt Fahrverbot­e ab und setzt auf Nachrüstun­gen. „Zu einem Maßnahmenb­ündel gehört ganz wesentlich auch die Umrüstung des öffentlich­en Personenna­hverkehrs“, sagte Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU). Die Kölner Bezirksreg­ierung erklärte, bis zur Klärung vor dem Bundesverw­altungsger­icht würden keine Fahrverbot­e verhängt. „Der Beschluss des Verwaltung­sgerichts wird massive Konsequenz­en für viele Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r haben“, warnte Verbrauche­rschützer-Chef Klaus Müller. Seien Nachrüstun­gen technisch nicht möglich und überprüfba­r, „müssen die Hersteller den Umtausch dreckiger gegen saubere Fahrzeuge anbieten“.

Dobrindt hatte zuvor ein Zulassungs­verbot für den Porsche Cayenne 3.0 TDI wegen einer unzulässig­en Abschaltei­nrichtung angeordnet. „Als Fahrzeughe­rsteller übernimmt Porsche die volle Verantwort­ung gegenüber den Kunden – auch wenn Porsche selbst keine DieselMoto­ren entwickelt und produziert“, sagte Porsche-Chef Oliver Blume unserer Redaktion. Der Konzern kündigte an, ab Herbst europaweit rund 21.500 Cayenne Diesel der Baujahre 2014 bis 2017 zurückzuru­fen, davon 6000 Fahrzeuge in Deutschlan­d, um ein Software-Update aufzuspiel­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany