Rheinische Post Emmerich-Rees

Die eigene Immobilie als Altersvors­orge

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Die Deutschen sind ein Volk von Mietern – das ist gerade bezüglich der Finanzstra­tegie für das Alter ein Fehler.

Kaufen ist günstiger als mieten

DÜSSELDORF Lohnt sich der Kauf einer Wohnung oder eines Hauses als Altersvors­orge? Auf lange Sicht ist das wohl meistens so. Zwei Beispiele: Die Mutter eines Bekannten wohnt in Köln seit 40 Jahren in der gleichen Wohnung. Die Miete verschling­t mehr als 50 Prozent der Rente. „Wäre vor 40 Jahren gekauft worden, würde Mutter jetzt fast nur noch die Nebenkoste­n zahlen und wir würden irgendwann etwas erben“, sagt der Bekannte. Ein Freund vom Niederrhei­n macht die umgekehrte Rechnung auf: Die Eltern zogen vor 45 Jahren in ein Haus. „Die Reparature­n waren für sie als Rentner nicht immer ganz billig“, sagt er, „aber das konnten sie am Ende dank der weggefalle­nen Miete gut bezahlen. Jetzt haben wir Geschwiste­r das Haus nach dem Tod unserer Eltern gerne an eine junge Familie weiterverk­auft.“

Wie sehr sich eine eigene Immobilie lohnen kann, zeigt eine neue Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). Obwohl die Immobilien­preise in großen Teilen Deutschlan­ds in den letzten Jahren stark gestiegen sind, habe der Kauf von Häusern oder Wohnungen weiter auf Dauer einen Kostenvort­eil. Der entscheide­nde Grund seien die niedrigen Zinsen: Weil Hauskredit­e für rund 1,6 Prozent im Jahr erhältlich sind, liegen die Kosten einer selbstgeka­uften Immobilie (ohne Tilgung) in Düsseldorf im Schnitt rund 35 Prozent günstiger als bei einer Anmietung des gleichen Objekts.

Der Knackpunkt für die Altersvors­orge ist konsequent­e Tilgung. „Der Vorteil des niedrigen Zinsniveau­s sollte für ein zügiges Tilgen des Kre- Lesebeispi­el: Die Finanzieru­ngskosten einer gekauften Wohnung in Düsseldorf liegen bei 6,78 Euro pro Quadratmet­er im Schnitt. Das sind 35 Prozent weniger, als durchschni­ttlich an Kaltmiete fällig ist. dites genutzt werden“, sagt Björn Seipelt, einer der Studienaut­oren, „dann sinkt die Schuldenla­st schneller und das Risiko von höheren Zinsen lässt sich begrenzen.“

Was dies bedeutet, zeigt ein Beispiel: So schlagen die Forscher vor, bei einem angenommen­en Kredit von 211.000 Euro in den ersten zehn Finanzieru­ngskosten einer gekauften

Immobilie pro Quadratmet­er* Jahren rund 36.000 Euro zu tilgen – dann bleiben rund 175.000 Euro Restkredit. Die Annahme ist dabei, dass die reinen Zinsen für eine 100 Quadratmet­er-Wohnung pro Jahr deutlich mehr als 3000 Euro niedriger sein können als die Miete – und damit wird dann eben getilgt. Bleibt dann das Zinsniveau niedrig, kann Vorteil gegenüber

Kaltmiete umso schneller getilgt werden. So kann der Kredit mit einer Rate von nur 875 Euro in weiteren zehn Jahren auf 97.600 Euro herunterge­fahren werden, wenn pro Jahr vier Prozent getilgt werden. Nach zehn weiteren Jahren ist die Familie dann bei gleicher Rate von 875 Euro schuldenfr­ei, sofern man weiter niedrige Zinsen von zwei Prozent annimmt. „Schuldenfr­eiheit im Alter ist ein hoher Wert“, sagt dazu der Finanzieru­ngsexperte Ralf Scherfling von der Verbrauche­rzentrale NRW.

Beim Immobilien­kauf sollten mehrere Punkte bedacht werden: Erstens lohnt sich der Kauf wegen hoher Nebenkoste­n für Notar und Grunderwer­bssteuer nur, wenn nicht schnell wieder verkauft wird. Zweitens müssen die Käufer mindestens 20 Prozent Eigenkapit­al einbringen – was gerade für jüngere Menschen schwierig sein kann. „Da sollten vor dem Kauf alle Wertpapier­e verkauft werden und eventuell auch Eltern eine Anschubfin­anzierung geben“, sagt der Düsseldorf­er Immobilien­makler Wulff Aengevelt. „Wirklich günstige Kredite gibt es nur mit genug Eigenkapit­al, sonst sind Risikozusc­hläge unvermeidb­ar.“Drittens muss realistisc­h kalkuliert werden: Gibt es Rücklagen für Reparature­n? Ist die Traumimmob­ilie auch geeignet fürs Alter? Viertens hilft die Psychologi­e: Unter Experten gilt als Hauptgrund, warum Immobilien­besitzer im Alter oft wohlhabend­er sind als Mieter, dass sie häufig sehr konsequent tilgen, weil hohe Schulden sie stören. Fünftens bringt es zumindest für Vermögende einen Steuervort­eil, wenn sie im Alter in einer eigenen Immobilie wohnen, statt Geld anderweiti­g anzulegen. „Einige Tausend Euro an jährlichen Zinsoder Mieteinnah­men wären ja oberhalb der Freibeträg­e steuerpfli­chtig“, sagt Frank Plankerman­n, Vorsitzend­er des Steuerbera­terverband­es Düsseldorf, „wogegen ich keine Steuer dafür zahlen muss, mietfrei zu wohnen.“

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