Rheinische Post Emmerich-Rees

Aus der Zeit gefallene Rock’n’Roller

-

HALDERN COUNTDOWN

Sløtface – Empire Records (EP) Die norwegisch­e Popband Sløtface hieß früher Slutface, musste sich aber aufgrund umbenennen, weil sich das in englischsp­rachigen Suchmaschi­nen nicht gut machte. Um die Gefahr zu entgehen, Opfer der Zensur sozialer Netzwerke zu werden, suchte man einen neuen Namen. Drei Eps hat das Quartett bisher veröffentl­icht. Auf Songs wie „Take Me Dancing“wird der Ansatz deutlich feministis­che Botschafte­n in einem pop-punkigen Gewand zu verkleiden. So klang Rock in den Neunzi- gern. Hier wird eine Message transporti­ert, ohne das Predigerge­wand zu tragen. Klingt nach: The New Pornograph­ers, The Cardigans (Punkte: 4/5) Joe Fox – Aftershow (Single) Der britische Songwriter Joe Fox mit dreadgeloc­ktem Haupthaar hat einen prominente­n Mentor namens A$AP Rocky. Der New Yorker Rapper hat den jungen Mann unter seine Fittiche genommen, Fox sang den Chorus in Rockys Lied „Max B“. Musikalisc­h scheint die Liaison aber keine gravierend­en Auswirkung­en auf das Schaffen des Joe Fox zu haben. Die vorliegend­e Single „Aftershow“ist solide Songwriter­arbeit, Fox singt mit der Verve eines Paolo Nutini. Zu wenig für einen Ohrwurm, zu viel für eine Eintagsfli­ege. Da geht noch was. Klingt nach: Paolo Nutini (ohne Wertung). Isaac Gracie – ohne Album Der britische Songwriter Isaac Gracie ist auch in den Untiefen des Internets noch ein weitgehend unbeschrie­benes Blatt. Einige Songs kann man in Schnipseln bei Soundcloud hören – wir wollen hier nicht übertreibe­n, aber in dieser rohen Anmutung, so gänzlich unproduzie­rt, klingt das umwerfend. Man meint einen Rohdiamant­en zu entdecken, den jungen Jeff Buckley zum Beispiel. So ist dem 21-Jährigen zu wünschen, dass seine Musik nicht glattgebüg­elt und feingeschl­iffen wird, wie das in diesen Tagen so oft Unsitte der Musikindus­trie ist. Klingt nach: Jeff Buckley, Nick Drake (ohne Wertung).

Am 10. August beginnt das Haldern-Pop-Festival. RPRedaktio­nsleiter Sebastian Peters hat sich die aktuellen Alben der Bands bereits angehört. Hier sein Urteil:

The Amazons – The Amazons Vier Männer, vier mal langes Haupthaar – die Band „The Amazons“aus dem Londoner Vorort Reading wirkt optisch ein wenig aus der Zeit gefallen. Aber darf man vom Äußeren die inneren musikalisc­hen Werte ableiten? Wer das selbstbeti­telte Album „The Amazons“hört, der entdeckt einen eher traditione­llen Rock’n’Roll, der nie wirklich überrascht, der nach bewährtem britischen Muster simpel gestrickt ist, und gerade deshalb funktionie­rt. Die Gitarre werkelt als Riffmaschi­ne, der Gesang wird in den Momenten voller Ekstatse zu Gebrüll. Exemplaris­ch sollte man die Single „Stay With Me“hören, die viel von dem verrät, was The Amazons ausmacht. „The Kooks“, „The Libertines“, „Razorlight“, „The Rifles“– in „The Amazons“vereint sich noch einmal der Klang der 2000er Jahre. Womit die Antwort auf die Frage, ob man vom Äußeren auf Inneres schließen darf, hier doch noch gegeben wird. Klingt nach: Razorlight, The Rifles (Punkte: 3/5).

Newspapers in German

Newspapers from Germany