Rheinische Post Emmerich-Rees

Malerei mit einem Augenzwink­ern

- VON ANJA SETTNIK

Das Museum Goch zeigt noch bis zum 10. September eine große Auswahl von Gemälden des 2013 verstorben­en Bremer Malers Norbert Schwontkow­ski. Die Ausstellun­g wandert danach nach Wilhelmsha­ven weiter.

GOCH Er ist noch vor dem Abitur von der Schule abgegangen, um Schaufenst­ergestalte­r zu werden. Die Jahre im katholisch­en Internat St. Arnold in Rheine sind dennoch nicht spurlos an Norbert Schwontkow­ski vorbeigega­ngen. Der Junge aus Bremen mit Wurzeln in Masuren und im Ruhrgebiet wurde in einem katholisch­en Elternhaus groß. Und wie es in vielköpfig­en Familien zu jener Zeit üblich war, wurde mindestens ein Sohn zu den Patres gegeben – im Fall Schwontkow­ski waren es die Steyler in Rheine. Tatsächlic­h soll der Mann, der heute 68 Jahre alt wäre, wenn er nicht 2013 verstorben wäre, eine Weile daran gedacht haben, Geistliche­r zu werden.

Er entschied anders, studierte und wurde freischaff­ender Künstler. Dass ihn das katholisch­e Internat prägte, hat der Maler später durchaus eingeräumt. Zudem verraten es seine Bilder nur allzu deutlich. Das Kreuz als Sinnbild des Christentu­ms taucht immer wieder auf, mal ist ein (straucheln­der) Mönch zu sehen, zu seinen Füßen eine Blutlache – das Blut Christi? Zu Lebzeiten hatte der Künstler davon abgeraten, allzu viel in seine vordergrün­dige Motivik hinein zu interpreti­eren. Klar, sein Leben wirkte auf ihn. Er studierte die Kunstgesch­ichte, reiste viel, tat sich im Missionsmu­seum seiner Schule um, zitiert in manchem Bild die Erfahrunge­n seines nicht sehr langen, anscheinen­d aber intensiven Lebens. Aber diese Zitate sind seiner eigentlich­en Arbeit, der gekonnten Malerei in Öl, praktisch übergestül­p. Norbert Schwontkow­ski war ein Maler, der seiner Kunst noch ein zweites Moment dazu geben wollte. Gerne augenzwink­ernd, fast immer mit einer ordentlich­en Prise Humor.

Zwischen 1985 und 2013 sind die Arbeiten entstanden, die das Mu- seum Goch nun auf zwei Etagen zeigt. „Bildräume von unendliche­r Weite und Schönheit“habe der Bremer geschaffen, schreibt Gochs Museumslei­ter Dr. Stephan Mann im Katalog zur Ausstellun­g. Die „gesamte Klaviatur der Ölmalerei“beherrsche er. Und er geht nicht eben zimperlich mit seiner Arbeit um. Wo ihm die Farbschich­t noch zu schwach erscheint, malt er ohne Bedenken noch ein paarmal kräftig drüber, an anderer Stelle schabt oder kratzt er weg, was ihm zu viel dünkt. Die großzügig verarbeite­te Farbe riecht bis heute. Die Größe und Intensität in jedem einzelnen der oft großformat­igen Werke besitzt eine erhebliche Sogkraft. Mal ist es das Meer, dessen Wellen nicht immer im gewohnten Muster auf den Strand treffen, mal ist es ein Berg, der irgendwie eher rührend als mächtig wirkt, die Sonne ist ein schlichter runder Ball, der vermutlich nur den Zweck hat, die Farbe auf der Leinwand zu legitimier­en.

Denn Licht ist eine der großen Leidenscha­ften Norbert Schwontkow­skis. Mal lässt er es anscheinen­d weg, was seinen Schwarz- und Brauntönen die Chance gibt, ihre kaum wahrnehmba­ren Nuancen auszuspiel­en, mal ergießt es sich in großer Fülle über die Leinwand. Es können die Sonne oder die Sterne sein, auch Autoschein­werfer oder eine Leinwand, die keinen Film zeigt: Lichtquell­en gibt es überall, und der Maler nutzt sie, um die Welt sichtbar zu machen. Die äußere, aber auch die innere, diejenige, die die Erfahrung seines eigenen Lebens und all dessen, was er in der Kunst und Literatur rezipiert hat, verarbeite­t hat. Das Autokino, das er uns zeigt, zieht den Blick auf die noch leere Leinwand und auf die Dächer der Fahrzeuge, die vom reflektier­enden Licht hell beschienen sind. Menschen warten, vertreiben sich die Zeit – was kommt, erfahren wir nicht.

Dass Kreuze nicht nur grafische Elemente sind, die sich in Fenstern und zweckfreie­n Ornamenten wiederfind­en, ist klar. Aber auch die Achterbahn im Bild „Dem Tod ins Gesicht gelacht“(der der Ausstellun­g ihren Namen gab) verweist auf Religiöses. Die liegende Acht als Zeichen der Unendlichk­eit ist unser Leben, das natürlich bedroht ist zum Beispiel von allzu wackligen Gerüsten und Sicherunge­n. Wer gerne über Absurdes schmunzelt, wird Freude an einer Arbeit haben, die drei an die Wand gelehnte Türen zeigt. Was mag man wohl sehen, wenn man durch die Spione blickt? Nichts natürlich, eine kahle Wand. Und drum herum mit Farbe gestaltete Fläche, die Kunst des Malers. Museum Goch, Kastellstr­aße 9; Öffnungsze­iten: Di bis Fr: 10 bis 17 Uhr, Sa/So: 11 bis 17 Uhr.

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Norbert Schwontkow­ski „Collectors Room“aus dem Jahr 2011.

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