Von Bullerbü nach Lönneberga
Vor 70 Jahren erschien „Wir Kinder aus Bullerbü“von Astrid Lindgren. Heute präsentiert die südschwedische Heimat der Autorin das sorgsam gepflegte Erbe. Eine Reise zu Originalschauplätzen ihrer Kinderbuchklassiker.
Von der Bettkante über einen Hocker auf den nicht mal handbreiten Kaminsims klettern. Festklammern, nur nicht abrutschen! Dann rüber auf die Kommode springen, von dort mit Zwischenlandung im Sofa, weiter über den Ankleidetisch zurück ins Bett. „Nichtden-Boden-berühren!“heißt dieses Spiel. „Astrid Lindgren hat es mit ihrem ein Jahr älteren Bruder Gunnar gespielt“, erzählt Anna Apenskog, „hier im Schlafzimmer ihres Elternhauses.“Blümchentapete, Tütenlampen, Wanduhr, Flickenteppich – dieser düstere, vielleicht 15 Quadratmeter kleine Raum sieht nicht gerade aus wie eine Indoor-Tobehalle. War er aber für Astrid. „1907 geboren, hatte sie enorm tolerante
„Nicht-den-Bodenberühren!“heißt das Spiel, das Astrid mit ihrem Bruder Gun
nar gespielt hat
Eltern, die ihren Kindern ungewöhnliche Freiheiten ließen“, sagt Anna, die die Besuchergruppe durch das rot-weiße Holzhaus führt, das Astrid Lindgren Ende der 80er Jahre so weit wie möglich in den Zustand ihrer Kindheit zurückversetzen ließ – die Zeit also, als sie schon mal auf dem Dach herum kletterte und in der fast hohlen Ulme.
Von diesem „Limonadenbaum“, dem „Nicht-den-Boden-berühren“-Spiel und waghalsigen Balanceakten in zehn Meter Höhe erfährt die ganze Welt gut 30 Jahre später – in „Pippi Langstrumpf“, Astrid Lindgrens im September 1945 erschienener Geschichte, geschrieben für Tochter Karin. Sie erfand auch den Namen für dieses starke, freche, selbstbewusste, waghalsige Mädchen, das mit Affe und Pferd im gelben Holzhaus wohnt. „Das Vorbild dieser Villa Kunterbunt steht da drüben“, sagt Anna und zeigt durchs Fenster: „Astrids zweites Elternhaus, erbaut vom Vater, als das rote Haus zu klein wurde.“Angenehm unaufgeregt, kenntnisreich und anekdotisch erzählt die 37-Jährige aus dem Familienleben der berühmten Autorin. Es ist der prägende Sound rund ums Lindgren-Erbe, gut drei Autostunden südlich von Stockholm, in ihrem Geburtsort.
In diesem Vimmerby, heute 9000 Einwohner zählend, schlendern Besucher nahtlos von einer Lindgren-Geschichte in die nächste: „Hauptstraße und kleine Straße, das war alles, was es gab. Und den Marktplatz natürlich“, so beschreibt die Autorin den Schauplatz von „Kalle Blomquist“. „Der heißt zwar Kleinköping, aber sie hatte Vimmerby vor Augen“, verriet Astrid Lindgrens Tochter Karin mal. Pastellfarbene, geriffelte Holzfassaden, Kopfsteinpflaster, altertümliche Laternen, so sieht’s hier bis