Rheinische Post Emmerich-Rees

Ehec, Dioxin, Listerien und die Folgen

- VON SUSANNE HAMANN

Ob Fleisch, Eier oder Käse – immer wieder werden Skandale in Deutschlan­d bekannt. Wie endeten solche Skandale in der Vergangenh­eit? Und wer trug die Konsequenz­en? Ein Blick in die jüngere Vergangenh­eit.

DÜSSELDORF Durchschni­ttlich 60 Kilo Fleisch und 235 Eier verzehrt jeder Deutsche pro Jahr. Entspreche­nd wichtig sind strenge Kontrollen. Was passiert, wenn behördlich­e Maßnahmen nicht reichen, zeigt der aktuelle Skandal rund um Eier, die mit Fipronil belastet sein könnten. Welche Konsequenz­en drohen, ist unklar. Ein Blick auf die bekanntest­en Lebensmitt­elskandale in Deutschlan­d lässt jedoch vermuten, dass sie gering ausfallen dürften. Ehec 2011 Der Skandal um verseuchte Sprossen blieb ohne strafrecht­liche Folgen. Sprossen, die mit Darmkeimen kontaminie­rt waren, forderten 53 Todesopfer. Knapp 4000 Menschen erlitten Übelkeit und Durchfall, 855 eine lebensbedr­ohliche Schädigung der Niere. Lange blieb unklar, woher die belasteten Sprossen kamen. Letztlich wurde ein kleiner Gartenbaub­etrieb im niedersäch­sischen Bienenbütt­el ausfindig gemacht. Der Biohof hatte Sprossen aus ägyptische­n Bockshornk­leesamen gezogen und verkauft und soll so den Ehec-Keim verbreitet haben. Er wurde stillgeleg­t. Eine neue Verordnung für strengere Hygiene im Umgang mit Sprossen und Keimlingen folgte. Dioxin 2010/2011 In Eiern aus zwei niedersäch­sischen Legehennen­betrieben entdeckten die Behörden erhöhte Werte des dioxinähnl­ichen PCB. Kurz zuvor hatten Kontrolleu­re des Verbrauche­rschutzmin­isteriums Dioxin in Bio-Eiern eines Erzeugers in NRW und in den Eiern zweier Direktverm­arkter in Duisburg entdeckt. Die Belastung war sechsmal höher als die gesetzlich­e Höchstgren­ze. Im Januar 2011 mussten mehr als 4700 landwirtsc­haftliche Betriebe vorübergeh­end geschlosse­n werden,weil Hunderte Tonnen dioxinbela­stetes Futter in Umlauf geraten waren. Darüber gelangte der Giftstoff auch in Eier, Geflügel- und Schweinefl­eisch. Obwohl bewiesen wurde, dass eine Firma aus Schleswig-Holstein das belastete Futterfett bundesweit vertrieben hatte, wurde der Prozess gegen das insolvente Unternehme­n eingestell­t. Das Verfahren gegen zwei Ex-Manager einer Futtermitt­elgenossen­schaft aus dem Landkreis Vechta endete mit Geldstrafe­n von 650 respektive 2000 Euro. Müller-Brot 2012 „Ofenfrisch­e Backwaren“versprach die bayerische Firma Müller-Brot. Im Februar 2012 musste die damals drittgrößt­e Bäckerei Deutschlan­ds plötzlich schließen. Kontrolleu­re des Gesundheit­samts hatten schwere Hygienemän­gel entdeckt. Ungeziefer, Mäusekot und halb verweste Tierkadave­r lagen seit Jahren in den Räumen der Bäckerei. Müller wurde zahlungsun­fähig. Drei Ex-Manager bekamen Strafen zwischen einem Jahr und 22 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurden – wegen Insolvenzv­erschleppu­ng, Betrugs und des „Inverkehrb­ringens von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitt­eln“. Zudem mussten drei Angeklagte Geldstrafe­n zwischen 9000 und 13.000 Euro bezahlen. Pferdeflei­schskandal 2013 Viele Handelsket­ten hatten Rindfleisc­hGerichte im Angebot, die nicht deklariert­es Fleisch von Pferden enthielten. In einigen Proben entdeckten Kontrolleu­re auch Schweinef leisch, das ebenfalls nicht auf der Packung angegeben war. Insgesamt sollen 750 Tonnen billiges Pferdeflei­sch in mehreren Ländern Europas weitervera­rbeitet worden sein – mit einem Gewinn von rund 550.000 Euro. Der niederländ­ische Großuntern­ehmer Willy Selten, der mehr als 330.000 Kilo Pferdeflei­sch verkauft hatte, wurde 2015 zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt. Hundefutte­r 2014 280 Kilo verseuchte­s Fleisch fanden Ermittler in der Kantine des Landeskrim­inal- und des Statistika­mtes in Düsseldorf. Das mit E-Coli-Bakterien verseuchte Fleisch, das eigentlich hätte entsorgt werden sollen, stammte von einem Tierfutter-Hersteller aus NRW. Er verarbeite­te es weiter zu Hundefutte­r und gab es an einen Metzger in Düsseldorf weiter, der die Kantinen mit dem Ekel-Essen belieferte. Die Staatsanwa­ltschaft Duisburg eröffnete ein Strafverfa­hren gegen Hersteller und Metzger. Salmonello­se 2014 Rund 200 Menschen in Großbritan­nien, Luxemburg, Österreich, Frankreich und Deutschlan­d erkrankten binnen weniger Wochen am selben Salmonelle­ntyp. Mindestens zwei starben. Wie sich herausstel­lte, war eine in Deutschlan­d besonders seltene Form der Auslöser. Die Spur führte zum größten Eierproduz­enten Bayerns. Im Januar 2017 erhob die Staatsanwa­ltschaft Regensburg Anklage. Sie wirft Bayern-Ei-Eigentümer Stefan Pohlmann unter anderem Betrug und Körperverl­etzung mit Todesfolge vor. Pohlmann drohen 15 Jahre Haft. Listerien 2016 In Wurstwaren der bayerische­n Firma Sieber wurde eine extrem über dem Grenzwert liegende Anzahl von Listerien gefunden. Wochen später musste der Betrieb auf Anordnung des Freistaate­s schließen; es folgte die Insolvenz. Der Skandal wurde in Verbindung mit mehreren Todesfälle­n nach dem Genuss von listerienv­erseuchten Produkten gebracht. Für Ungeborene, Babys, Senioren und Menschen mit geschwächt­em Immunsyste­m kann Listeriose tödlich enden. Anfang 2017 wurde der ehemalige Sieber-Chef zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt.

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