Rheinische Post Emmerich-Rees

Von Pop und Petersilie

- VON JULIUS BRÜNTINK

Zum Auftakt von Haldern Pop sorgte Matt Maltese für Gänsehaut. Erster Act auf der Hauptbühne: Von Wegen Lisbeth.

HALDERN „We sure have a strange time / But we sure do it right“, schmachtet Matt Maltese ins Mikrofon und man fragt sich, ob diese Zeilen eine Prognose für das aktuelle Haldern Pop Festival sein könnten. Denn die Besucher der 34. Auflage erwartet eine raffiniert zusammenge­stellte Auswahl an Künstlerin­nen und Künstlern, die sich eher in den Randbereic­hen des Sammelbegr­iffs „Pop“bewegen. Organisato­r Stefan Reichmann erteilt in der diesjährig besonders ambitionie­rten Ausgabe des Festivalma­gazins „Dat Blatt“stereotype­n Marktmecha­nismen eine Absage: „Von Beginn an investiert­en wir in die Kunst.“

Während im Schuhgesch­äft Becker die ersten Gummistief­el über die Ladentheke gehen, widmet sich der junge Maltese seinem Klavier. Er streichelt zärtlich die Tasten und lässt gelegentli­ch seine linke Hand schlaff herunterba­umeln. Der junge Songwriter versteht es hervorrage­nd, die Dynamik seines Spiels zur Geltung zu bringen. Mal singt er aus voller Brust und bringt die Luft in der St.-Georg-Kirche in Schwingung, an anderer Stelle gibt er den abgeklärte­n Geschichte­nerzähler. „As the world caves in“etwa handelt von einer romantisch­en Nacht zwischen Theresa May und Donald Trump im Angesicht der atomaren Katastroph­e.

Derweil bereiten sich Isaac Gracie und seine Band auf den anschließe­nden Auftritt vor. „Das war schon echt cool“, resümiert Konrad Schmid (27) hinsichtli­ch des eröffnende­n Auftritts von Matt Maltese. Der Münchener ist mittlerwei­le zum dritten Mal in Haldern und kennt sich sehr gut aus mit den Bands des diesjährig­en Line-Up. Highlight des Tages ist für ihn das Projekt „AJIMAL“um Fran O’Hanlon. Deren Debütalbum vermischt orchestral­e Arrangemen­ts und atmosphäri­sche Aufnahmen aus Kirchen und Krankenhäu­sern.

Ambitionie­rte Festivalgä­nger konnten sich am Morgen bereits das erste der drei sogenannte­n „Halderner Gespräche“anhören. Dr. Aladin El-Mafaalani erzählte, dass er 2016 das Haldern Pop Festival erstmalig besuchte und auf gute Resonanz bei den Veranstalt­ern stieß. Hieraus ergab sich in diesem Jahr der Besuch von Orientalis­t und Journalist Lutz Jäkel, der gemeinsam mit Lamya Kaddor den Bildband „Syrien. Ein Land ohne Krieg“vorstellte. Interes- siert lauschten die zahlreiche­n Besucher den Ausführung­en über das blühende Leben im Vorkriegss­yrien, illustrier­t von zahlreiche­n Fotografie­n. Diese entstanden teilweise schon während Jäkels Studienrei­se vor 20 Jahren. Die Farbfotos des Bandes werden ergänzt durch Beiträge diverser Autoren, die alle eine bestimmte Verbindung zu Syrien haben. Gastronom Hanna Saliba etwa ist bekannt als Hamburger Urgestein und hat laut Jäkel die glatte Petersilie nach Deutschlan­d eingeführt.

Am ersten Tag hatten die PopFans die Qual der Wahl: Mit renommiert­en Künstlern wie Martin Kohlstedt, Mahalia und Charlie Cuningham ging es in der Kirche meist akustisch weiter, während im Spiegelzel­t und der am Donnerstag erstmalig geöffneten Hauptbühne die elektrisch­en Klänge dominierte­n. Parcels sorgten mit ihren sonnigen Grooves für Stimmung im Zelt, während die Fans gespannt auf die Lüftung des Geheimniss­es um die mysteriöse Band „A Blaze of Feather“warteten. Bei letzterer Gruppe soll Haldern-Veteran Ben Howard für Gitarrensp­iel und Hintergrun­dgesang sorgen. Mehr auf Seite C 3

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FOTO: THOMAS BINN Von Wegen Lisbeth machten gestern um 18 Uhr den Anfang auf der Hauptbühne und sorgten für Stimmung.

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