Wo der Hase Beuys erklärt
Museum und zinnenbewehrtes Märchenschloss in einem: Moyland lockt mit Park und Kunst zur Landpartie an den unteren Niederrhein. Drinnen gibt es Kunst zu sehen, draußen Rosen- und Kräutergärten.
Es waren die Werke von Joseph Beuys, dem im nahen Kleve aufgewachsenen Kunst-Schamanen vom Niederrhein, die das alte Schloss retteten. Die tausenden Arbeiten des Düsseldorfer Akademieprofessors aus der Sammlung van der Grinten brauchten eine Heimstatt. Die Sammler-Brüder van der Grinten, die Schlossherren-Familie van Steengracht und das Land NordrheinWestfalen gründeten in den 1980er Jahren die Stiftung Museum Schloss Moyland. Die Brüder van der Grinten gaben ihre Sammlung mit moderner Kunst, darin der große Beuys-Block vor allem mit Zeichnungen, van Steengracht stellten Schloss und Park. NRW trägt mit rund 2,9 Millionen Euro jährlich über 80 Prozent der Betriebskosten des Museums, der Rest kommt vom Kreis
Der Hase, der Beuys erklärt Kleve und der Gemeinde Bedburg-Hau. Aus der Ruine Moyland, aus dem romantisch wie verwunschen überwucherten Park wurde ein Museum für moderne Kunst.
Rund 30 Millionen Euro investierte das Land in den Ausbau des Schlosses zum Museum. Außen romantisches Mauerwerk, drinnen weiße Museumskabinette: Im Schloss huscht heute ein Hase durch die Hallen. Schwarz steht sein Schatten auf der Wand, schon ist er um die Ecke – wie der Blitz. Aber er hinterlässt Spuren auf dem matt-weißen Marmor des Museumsbodens: Schwarze Pfoten, zwei kleine in der Mitte, etwas größere daneben versetzt: Man sollte den Spuren und dem Schatten auf den Wänden folgen, denn Meister Lampe erklärt in einem der Turmkabinette des Schlosses den Beuys – so wie Beuys einst vor einem halben Jahrhun- dert in einer Kunstaktion in Düsseldorf in der Galerie Schmela dem toten Hasen die Bilder erklärte. „Findest Du es eigentlich komisch, dass Dir ein Hase die Kunst erklären will? Das ist nicht komisch, überhaupt nicht komisch. Joseph Beuys hat dem toten Hasen die Bilder erklärt. Jajaa! Da lachst du – das darfst du auch, ohne Lachen ist die Kunst ja gar nicht auszuhalten ...“, empfängt das Pelztier mit den langen Ohren frei nach Beuys akustisch seinen Gast und erzählt den Besuchern – Kindern wie Erwachsenen – amüsant vom großen Künstler.
Kein Museum hat eine zahlenmäßig größere Auswahl an Beuys-Arbeiten – vor allem frühe Zeichnungen, zarte Aquarelle. Mit gehauchten oder kräftigen Zeichnungen von ätherisch-starken Frauen, eleganten Hirschen und Elchen, Bilder voller rätselhafter Striche und Landschaften. Aber auch sogenannte plastische Bilder zeigt Moyland, jene mit einer Glasscheibe versehenen Holzkisten: Darin zum Beispiel wieder der unter allerlei Unrat verschüttete Hase, von dem nur noch die Ohren hervorschauen. „Hasengrab“nannte Beuys das gute Stück, das wie einer seiner berühmten Schlitten in Moyland zu sehen ist. Kunst liegt auch im Park – wie die dicke goldene Amphore von Beuys „Brieffreund“, dem Aktionskünstler James Lee Byars oder wie Skulpturen von Gerhard Marcks und Erwin Heerich oder Eduardo Chillida, der in Deutschland vor allem wegen seiner Skulptur vor dem Bundeskanzleramt bekannt ist.
Daneben werden Wechselausstellungen gezeigt. Und so kommt auch Barbara Schroeder wieder nach Moyland zurück – als Künstlerin setzt sie sich mit dem niederrheinischen Land und seinen Kartoffeln auseinander: „Erdäpfelzeit“heißt es ab 17. September. Wer die Felder sehen möchte, auf denen die Kartoffeln angebaut werden, kann auf den Nordturm klettern und von dort die Weite des Niederrheins erleben.
„Ohne Lachen ist die Kunst ja gar
nicht auszuhalten“