Rheinische Post Emmerich-Rees

Potenzial für den Spitzenpla­tz

- VON ANTJE REHSE

Alexander Zverev bezwingt Roger Federer im Tennis-Finale von Montreal.

MONTREAL Mit gerade 20 Jahren schickt sich Alexander Zverev an, ein ganz Großer zu werden. Nach seinem Turniersie­g in Montréal, dem bereits fünften in der Saison, ist sicher, dass in dem schlaksige­n Hamburger ein künftiger GrandSlam-Champion mit dem Potenzial zur Nummer eins steckt. Die Zweifel indes, ob er in Deutschlan­d einen neuen Tennis-Boom auslösen kann, die bleiben.

So richtig ist das deutsche SportPubli­kum mit dem Youngster noch nicht warm geworden. Dass Zverev nicht der neue Boris Becker sein wird, nicht sein kann, das ist klar. Becker betrat die Tennis-Bühne damals urplötzlic­h. Der Triumph des 17-Jährigen in Wimbledon war 1985 ein regelrecht­er Urknall. Zverev hingegen nimmt auf seinem Weg eine Stufe nach der anderen. 2017 ist er endgültig angekommen bei den Großen. Er ist nicht mehr der hoff- nungsvolle Teenager, er ist der dritterfol­greichste Profi des Jahres.

Zverev ist als Sohn russischer Eltern in Hamburg geboren und aufgewachs­en. Wenn es auf dem Platz hoch hergeht, flucht er wie ein Rohrspatz – auf Russisch. Seinen Wohnsitz hat er ins Steuerpara­dies Monaco verlegt, trainiert wird abseits von Turnieren zumeist in Florida. Damit steht er im Tennis-Zirkus nicht alleine da, dennoch wird Zverev in Deutschlan­d mehr als „Global Player“wahrgenomm­en als andere seiner Kollegen. Der Knatsch um das ATP-Turnier in Hamburg hat diesen Eindruck verstärkt. Zverev und sein älterer Bruder Mischa entschiede­n sich gegen einen Start am Rothenbaum. Der Aussage von Turnierdir­ektor Michael Stich, Zverev habe eine Vereinbaru­ng gebrochen, widersprac­h der 20-Jährige.

Der Zverev-Clan plant die Karriere des jüngsten Sprössling­s minutiös. Für Hamburg ist da kein Platz mehr, und auch um einen Start im Davis Cup gab es Ärger, wenn der Termin ungünstig lag. Profession­ell macht Zverev alles richtig, das Gefühl bleibt dabei auf der Strecke.

Vielleicht kann Zverev die deutschen Fans mehr mitnehmen, wenn er bei den Grand-Slam-Turnieren für Furore sorgt. „Die Zukunft ist jetzt“, twitterte Boris Becker nach dem Finale in Kanada. Die Ära Zverev hat begonnen. Ob es nach Becker, Stich und Steffi Graf der Beginn einer neuen deutschen TennisÄra ist, wird sich zeigen.

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FOTO: DPA Im Konfettire­gen: Alexander Zverev in Montreal

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