Rheinische Post Emmerich-Rees

In NRW wird weniger gebaut

- VON MERLIN BARTEL UND KIRSTEN BIALDIGA

Eine Statistik von IT NRW zeigt, dass es im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum vergangene­n Jahr rund 17 Prozent weniger Baugenehmi­gungen für Wohnungen sowie rund 15 Prozent weniger für Häuser gab. Kritik kommt aus der Politik.

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen wird trotz des Immobilien­booms weniger gebaut. Im ersten Halbjahr dieses Jahres meldeten die nordrhein-westfälisc­hen Bauämter Baugenehmi­gungen für 26.156 Wohnungen. Das sind 16,7 Prozent weniger als im Vorjahr, wie die Landesstat­istikstell­e Informatio­n und Technik NordrheinW­estfalen (IT NRW) mitteilte. Von Januar bis Juni 2016 waren es

In den Städten fehlen Experten zufolge bundesweit 400.000 Wohnungen

31.413 Wohnungen. Die aktuelle Zahl liegt damit dennoch über den Daten der Vergleichs­zeiträume der vergangene­n Jahre: 2014 waren es 22.234, 2015 stagnierte die Zahl nahezu (22.181).

Auch bei den Ein-, Zwei- und Mehrfamili­enhäusern sank die Anzahl der Baugenehmi­gungen deutlich: Von 10.250 im vergangene­n Jahr auf aktuell 8720 – das bedeutet einen Rückgang um 14,9 Prozent. „Eine Erklärung für die gesunkene Anzahl an Baugenehmi­gungen ist, dass im vergangene­n Jahr aufgrund der Flüchtling­swelle bundesweit außergewöh­nlich viele Anträge für den Bau von Wohnheimen gestellt wurden“, erklärt Leo Krüll, Pressespre­cher von IT NRW.

In allen Regierungs­bezirken in NRW sank die Zahl der Genehmi- gungen im ersten Halbjahr 2017 gegenüber dem gleichen Vorjahresz­eitraum. Während die Abnahme im Regierungs­bezirk Köln (6670 Wohnungen, minus 29,8 Prozent), Münster (4949 Wohnungen, -17 Prozent) und Arnsberg (3556 Wohnungen, minus 11,7 Prozent) zweistelli­g ausfiel, sank die Zahl in den Bezirken Düsseldorf (7384 Wohnungen, minus 8,8 Prozent) und Detmold (3597 Wohnungen, minus 5,8 Prozent) weniger stark.

„Um den Bedarf an bezahlbare­m Wohnraum zu decken, müssen wir Bauen ermögliche­n“, sagte Stephen Paul, baupolitis­cher Sprecher der FDP-Landtagsfr­aktion. „Die Zahlen dokumentie­ren, dass es in NRW derzeit zu komplizier­t ist.“Er erklärte, seine Partei werde sich für beschleuni­gte Verfahren einsetzen und verstärkt digitale Bauanträge ermögliche­n.

Die bisherigen Pläne der neuen schwarz-gelben NRW-Landesregi­e- rung reichen laut Wissenscha­ftlern allerdings nicht aus, um die Problemati­k des Wohnungsma­ngels zu beheben. „Die Ankündigun­gen im Koalitions­vertrag passen nicht zur Situation auf dem Wohnungsma­rkt“, sagte Günter Vornholz, Professor für Immobilien­ökonomie an der EBZ Business School in Bochum. Es sei ein falsches Signal, insbesonde­re den Eigentumse­rwerb zu fördern. „Dadurch steigt das Wohnungsan­gebot nicht.“

In den Städten fehlen Experten zufolge jedoch bundesweit 400.000 Wohnungen. Ein Grund dafür ist, dass unerwartet viele junge Menschen in die Großstädte ziehen. Volker Eichener, Experte für Stadtentwi­cklung und Immobilien an der Hochschule Düsseldorf, schätzt zudem die Zahl fehlender Sozialwohn­ungen auf 250.000.

Auch die Opposition im Landtag übt Kritik: Eine Ideologie, die auf das Eigenheim setze, sei überholt, sagte der Grünen-Vorsitzend­e Arndt Klocke. Für SPD-Fraktionsv­ize Sarah Philipp ist die Eigentumsf­örderung ein „Griff in die Mottenkist­e“. Sie fordert stattdesse­n Investitio­nen in bezahlbare­n Wohnraum für Familien, Rentner und Studenten.

„Die Zahlen sind alarmieren­d“, sagt Ronald Rast, Koordinato­r der Aktion „Impulse für den Wohnungsba­u“. „Spitzenpol­itiker haben die Bedeutung des Wohnungsba­us und damit den Ernst der Lage für den sozialen Frieden noch nicht erkannt.“

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