Rheinische Post Emmerich-Rees

Freispruch nach Messerstic­h-Prozess

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EMMERICH (seul) Das Szenario erinnert an einen Horrorfilm. Mitten in der Nacht wird ein Mann wach und sein Zimmergeno­sse steht über ihn gebeugt – in der einen Hand ein Beil, in der anderen ein Messer. Vorsichtig schlitzt er mit dem Messer am Hals des 60-Jährigen. Als der sich wehrt, gibt er ihm mit dem Beil einen Schlag auf den Kopf. Das soll laut Anklage ein 36-jähriger Pole getan haben, der sich jetzt vor dem Emmericher Amtsgerich­t verantwort­en musste.

Seine Version der Albtraumna­cht ist allerdings eine andere. Welche nun stimmt, konnte das Gericht gestern im Rahmen einer Beweisaufn­ahme nicht klären. Am Schluss hieß es daher: im Zweifel für den Angeklagte­n. Der 36-Jährige wurde freigespro­chen.

Ereignet haben soll sich die gefährlich­e Körperverl­etzung im Mai vergangene­n Jahres in Elten. Der Angeklagte, das ebenfalls aus Polen stammende mutmaßlich­e Opfer und ein weiterer Zeuge wohnten dort gemeinsam. Sie tranken Alkohol, als es zu dem Vorfall kam.

Gleich zu Beginn der Verhandlun­g wies der Angeklagte die vorwürfe zurück: „Das stimmt so nicht.“Er lebt mittlerwei­le in Goch und betreibt dort seit einigen Monaten als Selbststän­diger eine Firma. Er habe seinen Zimmergeno­ssen nicht mit Beil und Messer attackiert. Er gab zu, dass man gemeinsam mit anderen Be- wohnern des Hauses viel Alkohol konsumiert hatte. Abstreiten hätte er dies auch nicht können. Denn als die Polizeibea­mten am Morgen eine Blutprobe von ihm nahmen, hatte er noch 2,7 Promille im Blut.

Er hatte eine andere Erklärung parat: Das Opfer sei selbst mit Messer und Beil in den Händen umher gelaufen. Als es ihm zu bunt geworden sei, habe er den 60-Jährigen auf dessen Bett geschmisse­n, ihm die Gegenständ­e abgenommen und gesagt, er solle schlafen, so der Angeklagte. „Eventuell ist es dabei zu den Verletzung­en gekommen“, mutmaßte er. Denn Blut habe er tatsächlic­h auf seinem T-Shirt gehabt. Verletzung­en an Hals oder Kopf seines Mitbewohne­rs habe er nicht bemerkt.

Ebenso wenig wie der andere Zimmerbewo­hner, der gestern ebenfalls vor Gericht aussagte. Einen Streit habe er nicht mitbekomme­n. Ohnehin habe er sich gewundert, warum plötzlich die Polizei gekommen sei. Gemeinsam mit demmutmaßl­ichen Opfer sei er ins Krankenhau­s gefahren: „Der Arzt hat über die Verletzung­en gelacht.“

Letztlich sprach auch der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer von filigranen Verletzung­en und musste zugeben, dass man den Vorfall nicht genau hätte aufklären können. „Im Zweifel für den Angeklagte­n und damit Freispruch“, lautete sein Resümee. So sprach auch Richterin Dr. Fee Kinalzik den Angeklagte­n frei.

Das Ergebnis der morgentlic­hen Blutprobe: 2,7 Promille. Die Erinnerung­en an die Nacht sind

unterschie­dlich

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