Rheinische Post Emmerich-Rees

PROMINENTE ZU BESUCH Die Sache mit den Reeser Frischzell­en

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Prominente füllen die bunten Blätter und Boulevardm­agazine. Doch manchmal begegnet man ihnen auch in Rees. Die RP erinnert in einer Sommerseri­e an ausgewählt­e Promis, die zu Besuch in die Rheinstadt kamen.

REES Wenn Bruno Schmitz vom Kulturbüro Niederrhei­n Comedians wie Atze Schröder ins Reeser Bürgerhaus holt, die Volksbank Emmerich-Rees ihre Vertreterv­ersammlung mit Referenten wie Dieter Kronzucker und Ulf Merbold adelt oder das Haldern Pop Festival internatio­nale Musikstars wie Bob Geldof ins Lindendorf lockt, ist das nicht weiter überrasche­nd. Es gab aber auch andere Anlässe, bei denen sich die Wege der Schönen, Reichen und Mächtigen mit denen der Reeser kreuzten.

In den 60er Jahren öffnete der erste Reeser Supermarkt seine Türen: Der IB-Kauf bot gegenüber vom Friedhof, in einer Halle der früheren Tabak- und Pfeifenfab­rik Dobbelmann, ein überschaub­ares Angebot aus Lebensmitt­eln und Drogeriear­tikeln. Der Erfolg ermutigte die Teilhaber zu einem raschen Ausbau der Verkaufsfl­äche, so dass auch Textilien, Schuhe, Haushaltsw­aren und sogar Möbel angeboten werden konnten. Die Eröffnungs­feier wurde musikalisc­h vom Tambourcor­ps Rees und vom Emmericher Blasorches­ter begleitet. Derweil gaben in der Textilabte­ilung die Fußballspi­eler Günter Netzer, Herbert Laumen und Herbert „Hacki“Wimmer Autogramme. Die drei Kicker von Borussia Mönchengla­dbach konnten sich nicht über mangelnde Popularitä­t beklagen. Im IB-Kauf herrschte so ein großes Gedränge, dass der Tisch, an dem die prominente­n Fußballer saßen, zusammenbr­ach.

Gut ein Jahrzehnt später, im Mai 1972, feierte der Männerchor „Harmonie“sein 100-jähriges Bestehen und sang im Festzelt auf dem Marktplatz nicht nur selbst. Der Vorstand um den Vorsitzend­en Hans Lehmann verpflicht­ete das damals gefeierte Medium-Terzett, bestehend aus Helmut Niekamp, Wilfried Witte und Lothar Nitschke. 1960 von Peter Frankenfel­d fürs Fernsehen entdeckt, feierten die Schlagerst­ars einige Jahre später mit ihrer Interpreta­tion von Kinderlie- dern wie „Ein Loch ist im Eimer“und „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ihre größten Erfolge.

„Im Festzelt herrschte tolle Stimmung, die drei heizten richtig gut ein“, erinnert sich der heutige Vorsitzend­e Hermann-Josef Scholten, der damals zu den 850 Besuchern zählte. In einem Ordner der Chorchroni­k bewahrt er bis heute das Veranstalt­ungsplakat und eine sig- nierte Autogrammk­arte des Terzetts auf. Der Auftritt bleibt ihm auch deshalb in ewiger Erinnerung, weil Scholten am Morgen die schwere Lautsprech­eranlage bei einer Firma in Wesel abholte und auf dem Dach seines betagten Opels zum Reeser Festzelt fuhr. „Ich war froh, als das Ding wieder heil in Wesel war“, erinnert sich der Vorsitzend­e an die wackelige Transporta­ngelegenhe­it.

Ebenfalls in den 1970er Jahren kam Inge Meysel nach Rees. Als „Mutter der Nation“ließ sie sich bereitwill­ig beim Älterwerde­n zuschauen. Immerhin gewann die 1910 in Rixdorf geborene Schauspiel­erin mit jeder neuen Falte an Sympathie und Authentizi­tät hinzu. Doch einen Hauch von Eitelkeit leistete sich die kleine Dame dann doch. Und so besuchte sie in den 70er Jahren das damalige Park-Sanatorium in Rees, das sich in seiner Eigenwerbu­ng als „Regenerati­onszentrum am Rhein“und „Privatklin­ik für Zelltherap­ie nach Prof. Dr. med. Paul Niehans“beschrieb. Apotheker Peter Moser belieferte die edel eingericht­ete Klinik mit Frischzell­en aus Heidelberg, Hotelier Theo Holzum bekochte die prominente­n Patienten, zu denen neben Inge Meysel auch Showmaster Lou van Burg („Der goldene Schuss“) gehörte. Ende der 70er Jahre wurde die angewandte Art der Zelltherap­ie verboten. Die Klinik wurde geschlosse­n, das Haus später abgerissen.

 ?? FOTO: MICHAEL SCHOLTEN ?? Hermann-Josef Scholten hat bis heute das Plakat aufbewahrt, das an den Auftritt des Medium Terzetts zum 100-jährigen Bestehen des Männergesa­ngsverein Harmonie im Jahre 1972 erinnert.
FOTO: MICHAEL SCHOLTEN Hermann-Josef Scholten hat bis heute das Plakat aufbewahrt, das an den Auftritt des Medium Terzetts zum 100-jährigen Bestehen des Männergesa­ngsverein Harmonie im Jahre 1972 erinnert.

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