PROMINENTE ZU BESUCH Die Sache mit den Reeser Frischzellen
Prominente füllen die bunten Blätter und Boulevardmagazine. Doch manchmal begegnet man ihnen auch in Rees. Die RP erinnert in einer Sommerserie an ausgewählte Promis, die zu Besuch in die Rheinstadt kamen.
REES Wenn Bruno Schmitz vom Kulturbüro Niederrhein Comedians wie Atze Schröder ins Reeser Bürgerhaus holt, die Volksbank Emmerich-Rees ihre Vertreterversammlung mit Referenten wie Dieter Kronzucker und Ulf Merbold adelt oder das Haldern Pop Festival internationale Musikstars wie Bob Geldof ins Lindendorf lockt, ist das nicht weiter überraschend. Es gab aber auch andere Anlässe, bei denen sich die Wege der Schönen, Reichen und Mächtigen mit denen der Reeser kreuzten.
In den 60er Jahren öffnete der erste Reeser Supermarkt seine Türen: Der IB-Kauf bot gegenüber vom Friedhof, in einer Halle der früheren Tabak- und Pfeifenfabrik Dobbelmann, ein überschaubares Angebot aus Lebensmitteln und Drogerieartikeln. Der Erfolg ermutigte die Teilhaber zu einem raschen Ausbau der Verkaufsfläche, so dass auch Textilien, Schuhe, Haushaltswaren und sogar Möbel angeboten werden konnten. Die Eröffnungsfeier wurde musikalisch vom Tambourcorps Rees und vom Emmericher Blasorchester begleitet. Derweil gaben in der Textilabteilung die Fußballspieler Günter Netzer, Herbert Laumen und Herbert „Hacki“Wimmer Autogramme. Die drei Kicker von Borussia Mönchengladbach konnten sich nicht über mangelnde Popularität beklagen. Im IB-Kauf herrschte so ein großes Gedränge, dass der Tisch, an dem die prominenten Fußballer saßen, zusammenbrach.
Gut ein Jahrzehnt später, im Mai 1972, feierte der Männerchor „Harmonie“sein 100-jähriges Bestehen und sang im Festzelt auf dem Marktplatz nicht nur selbst. Der Vorstand um den Vorsitzenden Hans Lehmann verpflichtete das damals gefeierte Medium-Terzett, bestehend aus Helmut Niekamp, Wilfried Witte und Lothar Nitschke. 1960 von Peter Frankenfeld fürs Fernsehen entdeckt, feierten die Schlagerstars einige Jahre später mit ihrer Interpretation von Kinderlie- dern wie „Ein Loch ist im Eimer“und „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ihre größten Erfolge.
„Im Festzelt herrschte tolle Stimmung, die drei heizten richtig gut ein“, erinnert sich der heutige Vorsitzende Hermann-Josef Scholten, der damals zu den 850 Besuchern zählte. In einem Ordner der Chorchronik bewahrt er bis heute das Veranstaltungsplakat und eine sig- nierte Autogrammkarte des Terzetts auf. Der Auftritt bleibt ihm auch deshalb in ewiger Erinnerung, weil Scholten am Morgen die schwere Lautsprecheranlage bei einer Firma in Wesel abholte und auf dem Dach seines betagten Opels zum Reeser Festzelt fuhr. „Ich war froh, als das Ding wieder heil in Wesel war“, erinnert sich der Vorsitzende an die wackelige Transportangelegenheit.
Ebenfalls in den 1970er Jahren kam Inge Meysel nach Rees. Als „Mutter der Nation“ließ sie sich bereitwillig beim Älterwerden zuschauen. Immerhin gewann die 1910 in Rixdorf geborene Schauspielerin mit jeder neuen Falte an Sympathie und Authentizität hinzu. Doch einen Hauch von Eitelkeit leistete sich die kleine Dame dann doch. Und so besuchte sie in den 70er Jahren das damalige Park-Sanatorium in Rees, das sich in seiner Eigenwerbung als „Regenerationszentrum am Rhein“und „Privatklinik für Zelltherapie nach Prof. Dr. med. Paul Niehans“beschrieb. Apotheker Peter Moser belieferte die edel eingerichtete Klinik mit Frischzellen aus Heidelberg, Hotelier Theo Holzum bekochte die prominenten Patienten, zu denen neben Inge Meysel auch Showmaster Lou van Burg („Der goldene Schuss“) gehörte. Ende der 70er Jahre wurde die angewandte Art der Zelltherapie verboten. Die Klinik wurde geschlossen, das Haus später abgerissen.