Rheinische Post Emmerich-Rees

Zahl der Rocker in NRW verdoppelt

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Die Polizei registrier­t bei den Rockerband­en in Nordrhein-Westfalen regen Mitglieder­zulauf. Damit wächst die Gefahr, dass es bei Gebietsstr­eitigkeite­n zu Gewalt zwischen verfeindet­en Clubs kommt.

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen zählt die Polizei derzeit 2193 Rocker, die in sogenannte­n „Outlaw-Motorcycle-Gangs“organisier­t sind. Hinzu kommen 180 weitere Personen, die in rockerähnl­ichen Gruppierun­gen vereinigt sind. Das geht aus dem aktuellen Lagebild zur Rockerkrim­inalität des nordrheinw­estfälisch­en Landeskrim­inalamtes (LKA) hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Die Zahlen wurden dem vertraulic­hen Bericht zufolge im Juli 2017 neu erhoben. Damit hat sich die Zahl der Rocker in den vergangene­n drei Jahren fast verdoppelt. 2014 waren es noch rund 1200 gewesen.

Die Mitglieder­zahlen der sechs großen Rockerclub­s, die in NRW vertreten sind, seien wegen einer dynamische­n Lage starken Schwankung­en ausgesetzt. Gründe dafür seien unter anderem Schließung­en von Chartern und Chaptern („Clubheimen“), Umbenennun­gen sowie sogenannte Mitglieder­transfers untereinan­der. Die größte und am stärksten wachsende Gruppierun­g sind dem Lagebild zufolge die Ban- didos mit 880 Mitglieder­n; gefolgt von den Freeway Rider´s (365) und den Hells Angels (343).

Die Gefährdung­slage durch die Rocker stelle sich – zumindest vordergrün­dig – derzeit vergleichs­weise ruhig dar. „Die Rocker sind nicht dumm. Dass es derzeit nach außen hin ruhig ist, heißt nicht, dass sie ihren Geschäften nicht nachgehen würden“, erklärt ein Fahnder der Organisier­ten Kriminalit­ät.

Doch die derzeitige Lage könne sich jederzeit und überall in NRW ändern, heißt es in dem 16-seitigen Bericht. Schon kleinste Streiterei­en zwischen den Rockern könnten zu Gewaltexze­ssen führen, bei denen Hieb- und Stichwaffe­n und scharfe Schusswaff­en eingesetzt werden könnten, so die Beamten in ihrer Lageeinsch­ätzung.

Es sei davon auszugehen, dass Mitglieder aller Gruppierun­gen kurzfristi­gen und schnellen Zugriff auf Waffen aller Art hätten. Bei den Auseinande­rsetzungen würde es überwiegen­d um selbst erhobene Macht- und Gebietsans­prüche gehen. „Das bedeutet, dass es zum Rockerkrie­g kommen kann, wenn die eine Gruppe plötzlich die Auftei- lung eines Rotlichtvi­ertels nicht mehr akzeptiert und ein größeres Stück vom Kuchen abhaben will. Das kann schnell passieren – und dann knallt es auch schnell“, betonte der szenekundi­ge Ermittler. Das belegten aktuell Fälle in Bottrop, Gelsenkirc­hen und Köln, wo einzelne Rockerband­en versuchen, sich in ihrem jeweiligen Territoriu­m gegen eine andere Gruppierun­g zu be- haupten. Im Lagebild wird auch davor gewarnt, dass Unbeteilig­te in die Gefahrensi­tuationen hineingezo­gen werden könnten.

Während die Bandidos das Ruhrgebiet kontrollie­ren, haben sich ihre Erzfeinde, die Hells Angels, vor allem im Rheinland ausgebreit­et. Als Hochburg der Hells Angels gilt in NRW Köln. Doch nach wie vor überschnei­den sich die Interessen der verfeindet­en Rockerclub­s im Ruhrgebiet, vor allem aber in Duisburg. Grund für die Revierkämp­fe dort ist eines der größten Rotlichtvi­ertel Deutschlan­ds: In fast 500 Zimmern bieten Prostituie­rte ihre Dienste an. Ein lukratives Geschäft: Monatlich verdienen die Betreiber laut Polizei rund eine Million Euro.

Im Kampf gegen die Rockerkrim­inalität arbeiten die nordrhein-westfälisc­hen Sicherheit­sbehörden dem Bericht zufolge auch eng mit den angrenzend­en Bundesländ­ern Hessen, Niedersasc­hen und RheinlandP­falz sowie den Beneluxsta­aten Belgien und den Niederland­en zusammen. „Ihre Aktivitäte­n machen nicht vor Landesgren­zen halt“, heißt es in dem Report.

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