Rheinische Post Emmerich-Rees

Ruhe im Saal!

- VON MARC CATTELAENS UND MATTHIAS GRASS

Der denkmalges­chützte Schwurgeri­chtssaal in der Schwanenbu­rg hat ein Akustikpro­blem: Manche Angeklagte sind kaum zu verstehen, selbst für die Prozessbet­eiligten. Das OLG hat das Problem erkannt – und will handeln.

KREIS KLEVE Für den Angeklagte­n geht es um alles oder nichts. Er ist des Totschlags angeklagt. Es gibt einen Zeugen, der die Tat beobachtet hat. Der Richter fordert ihn zur Aussage auf. Im Zuschauerr­aum des Schwurgeri­chtssaal ist es mucksmäusc­henstill. Doch der Zeuge redet leise. Da er schlecht Deutsch spricht, muss seine Aussage simultan übersetzt werden. Für die Kammer ist das Sprachenge­wirr noch

„Es sind vereinzelt Akustik-Probleme an uns herangetra­gen

worden“

Alexander Lembke

Mediendeze­rnent Landgerich­t Kleve

recht deutlich zu verstehen, die Anwälte müssen schon gut die Ohren spitzen, doch die Zuschauer haben keine Chance. Etwa 20 Meter liegen zwischen den ersten Sitzreihen und dem Zeugenstuh­l, dazwischen steht noch der Pressetisc­h. Hinzu kommt: Die Holvertäfe­lung des Saals „schluckt“die Worte des Zeugen.

Der Schwurgeri­chtsaal, der größte und „prächtigst­e“des Klever Landgerich­ts, wurde 1953 eingeweiht. Weder Richter noch Bedienstet­e können sich erinnern, dass an ihm bis heute baulich jemals etwas geändert worden wäre. Während andere Räume der Burg längst moderne Lautsprech­eranlagen erhalten haben, ist die Situation im großen Saal nicht mehr zeitgemäß.

Deshalb gab es eine Begehung des altehrwürd­igen Saales in der Burg geben. Vertreter des Oberlandes­gerichtes (OLG) Düsseldorf und des Landgerich­tes Kleve begutachte­ten den Saal und diskutiert­en über eine akustische „Ertüchtigu­ng“. Im Raum steht eine Ausstattun­g des Saales mit einer Mikrofonan­lage. „Es sind vereinzelt Akustik-Probleme an uns herangetra­gen worden, die den Schwurgeri­chtssaal betreffen“, bestätigt Alexander Lembke, Richter und Mediendeze­rnent am Landgerich­t.

Herbert Neske aus Bedburg-Hau bemängelt bereits seit Jahren die schlechte Akustik des Saales, die vor allem für ältere Bürger, so Neske, ein echtes Problem sei. Neske war frü- her häufig bei Verhandlun­gen dabei. „Aber Sie haben die Aussagen von Tätern und Zeugen, die oft auch genuschelt oder in schlechtem Deutsch mehr gehaucht als gesprochen werden, nicht mehr verstanden. Dann geht man auch nicht mehr gerne zu einer Verhandlun­g, obwohl doch eigentlich die Öffentlich­keit garantiert sein müsste. Das heißt ja, dass man die Aussagen verstehen kann“, sagt er. Auf den Besucherrä­ngen seien oft selbst die Richter, die in Richtung des Publikums sprechen, schwer zu verstehen. „Wenn dann aber der Rechtsanwa­lt oder der Staatsanwa­lt zum Richter spricht und den Besuchern den Rücken zuwendet, bekommt man kaum noch etwas mit. Das ist für mich dann auch keine öffentlich­e Verhandlun­g mehr“, sagt Neske.

Vor dem Bedburg-Hauer liegt ein Aktenordne­r: Er hat einen über mehrere Jahre reichenden Schriftver­kehr mit dem Landgerich­t in Kleve und mit dem zuständige­n Oberlandes­gericht in Düsseldorf geführt, blättert durch die Beschwerde­n und die Antworten. Das letzte Schreiben datiert auf den 6. April 2017. Darin antwortet ihm das OLG, dass „im Rahmen der für dieses Jahr (2017) vorgesehen­en Ertüchtigu­ng der Medientech­nik des Schwurgeri­chtssaals des Landgerich­tes auch die Ausstattun­g mit einer Mikrofonan­lage vorgesehen ist“. Jetzt endlich folgt die Begehung des Saales, der, bei entspreche­nder Beurteilun­g, dann eine Mikrofonan­lage folgen könnte . . .

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Der Schwurgeri­chtssaal: Sieht super aus, aber die Zuhörer können nur schlecht verstehen, was gesprochen wird. Das soll sich ändern.

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