Rheinische Post Emmerich-Rees

Neue Debatte um Bildungsfö­rderung

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND JAN DREBES

Unionspoli­tiker und Experten üben Kritik am Konzept von SPD-Kanzlerkan­didat Schulz, das für den Bund mehr Mitsprache bei der Bildung vorsieht. Gewerkscha­fter, Grüne und die FDP sind dafür.

BERLIN/DÜSSELDORF SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz hat mit seinem Konzept einer „Nationalen Bildungsal­lianz“eine Debatte über die Zukunft der Schulpolit­ik ausgelöst. Unionspoli­tiker und Bildungsex­perten übten Kritik an der von der SPD geforderte­n Abschaffun­g des sogenannte­n Kooperatio­nsverbots. Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) etwa sprach sich dagegen aus, dass künftig bei der Schulpolit­ik „in Berlin irgendeine­r festlegt, was passieren soll“. Es gebe nun einmal sehr unterschie­dliche regionale Verhältnis­se, so Bouffier.

Schulz hatte gestern im Beisein der sieben SPD-Ministerpr­äsidenten ein Strategiep­apier für mehr Mitsprache­möglichkei­ten des Bundes in der Bildung vorgestell­t. Es sieht unter anderem die Abschaffun­g des Kooperatio­nsverbots vor. Dieses bewirkt, dass die Bundesregi­erung de facto keinen Einfluss auf die Gestaltung der Lehrpläne oder die Finanzieru­ng von Schulen und Berufsschu­len nehmen darf. Die große Koalition hatte bereits mit den Ländern eine Aufweichun­g beschlosse­n und 3,5 Milliarden Euro für die Sanierung von Gebäuden bereitgest­ellt.

Schulz und den Sozialdemo­kraten, die derzeit in Umfragen deutlich hinter der CDU und Angela Merkel liegen, genügt diese Summe nicht. Sie wollen über die kommende Legislatur­periode hinweg weitere zwölf Milliarden Euro an die Länder geben. Die sollen damit Schulen mit mehr digitalen Lernmittel­n ausstatten und eine Million neue Ganztagspl­ätze anbieten. Zudem fordert die SPD gebührenfr­eie Bildung ab der Kita, auch für Ausbildung­en und Meisterleh­rgänge, und strebt eine weitere Angleichun­g der Lehrpläne an. Außerdem soll es mehr Sozialarbe­it an Schulen geben.

Dass die SPD die Einführung des Kooperatio­nsverbots 2006 mit der Union beschlosse­n hatte, wurde nicht angesproch­en. Auch nicht, wie es den Genossen gelingen soll, angesichts des ideologisc­h aufgeladen­en Streits um die Bildungspo­litik eine ausreichen­de Mehrheit für eine Grundgeset­zänderung zu bekommen. Die aber wäre für die Abschaffun­g des Kooperatio­nsverbots nötig. Schulz sagte lediglich: „Wir werden die nationale Bildungsal­lianz auf den Weg bringen, egal wie. Da werden wir nicht lockerlass­en.“

Immerhin: Unterstütz­ung in der Sache kam sehr schnell von möglichen Koalitions­partnern. FDP-Chef Christian Lindner und NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) schlossen sich der Idee an. „Das Ko- operations­verbot ist eine künstliche Hürde und muss abgeschaff­t werden“, sagte Gebauer. Ohne die Unterstütz­ung des Bundes werde es nicht gelingen, die Schulen für die Digitalisi­erung fit zu machen. Schulund Bildungspo­litik müsse aber Ländersach­e bleiben. Linke und Grüne sind ebenfalls weitgehend auf diesem Kurs, auch wenn Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) das anders sieht. Unterstütz­ung bekam Schulz zudem von der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft. Präsidenti­n Marlis Tepe lobte die Ansätze, forderte aber weitere Mittel.

Kritik übte hingegen CDU-Generalsek­retär Peter Tauber: Schulz’ Ideen seien für Eltern und Schüler „kein Verspreche­n, sondern eine Drohung“. Der Bildungsfo­rscher Olaf Köller von der Uni Kiel sieht ebenfalls „keinen Gewinn durch eine Abschaffun­g des Kooperatio­nsverbots“. Investitio­nen des Bundes seien auch so möglich. Wichtig seien eine modernere Lehrerausb­ildung, das Festhalten an bewährten Schulforme­n und mehr Angebote für benachteil­igte Schüler am Nachmittag.

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