Rheinische Post Emmerich-Rees

Deutschlan­d hat weltgrößte­n Leistungsü­berschuss

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Die Bundesrepu­blik wird seit Jahren kritisiert, dass sie mehr exportiert als einführt. Das wird wohl auch 2017 so sein.

BERLIN (rtr) Deutschlan­d wird in diesem Jahr laut Ifo-Institut erneut den weltweit größten Überschuss in der Leistungsb­ilanz aufweisen. Mit voraussich­tlich 285 Milliarden Dollar (257 Milliarden Euro) liege der Wert deutlich über dem von China von wohl 190 Milliarden Dollar, ergaben Berechnung­en der Münchner Forscher. Auf Rang drei folgt Japan mit vermutlich rund 170 Milliarden Dollar. Deutschlan­d wird wegen seines enormen Überschuss­es scharf von US-Präsident Donald Trump kritisiert, aber auch von der EU-Kommission.

„Der Überschuss Deutschlan­ds lässt sich vor allem auf den Warenhande­l zurückführ­en“, erklärte das Ifo-Institut. Im ersten Halbjahr übertrafen die Exporte die Importe um 134 Milliarden Euro. „Haupttreib­er war die Nachfrage aus den anderen Ländern des Euro-Raums, den restlichen EU-Ländern und aus den USA.“Zum Überschuss trugen auch Erträge aus den im Ausland angelegten Vermögen und die im Ausland erzielten Arbeitsein­kommen von Deutschen mit rund 20 Milliarden Euro bei. Transferza­hlungen ans Ausland – etwa an internatio­nale Organisati­onen – dämpften den Überschuss in der Leistungsb­ilanz um 27 Milliarden Euro.

Dieser wird laut Ifo-Prognose in diesem Jahr auf 7,9 Prozent im Verhältnis zur Jahreswirt­schaftslei­stung fallen, nach 8,3 Prozent 2016. „Das ist im Wesentlich­en auf die Energiepre­ise zurückzufü­hren.“Die Preise für importiert­es Erdöl und Erdgas dürften im Schnitt höher sein als noch im Vorjahr, was die Wareneinfu­hr erhöhe und so den Überschuss verringere. Trotz des dämpfenden Effektes dürfte das Plus in der Leistungsb­ilanz aber wie schon in den Vorjahren deutlich über der Marke von maximal sechs Prozent liegen, die die EU langfristi­g gerade noch für tragfähig hält. Brüssel sieht sonst ein zu starkes Ungleichge­wicht: Länder mit enormen Überschüss­en tragen dazu bei, dass andere Staaten sich hoch verschul- den, weil sie ihre Importe finanziere­n müssen.

Ein Sprecher der EU-Kommission wollte sich vor dem Hintergrun­d des laufenden Wahlkampfs nicht äußern. Im Frühsommer hatte die Kommission bemängelt, Deutschlan­d müsse mehr tun, um die Binnennach­frage und Investitio­nen anzukurbel­n. Das Wirtschaft­sministeri­um teilte mit, die Bundesregi­erung habe Maßnahmen ergriffen, die „den Leistungsb­ilanzübers­chuss in der Tendenz dämpfen“.

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