Rheinische Post Emmerich-Rees

Industrie will Pfand für Handys

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der Verband der Klebstoffi­ndustrie möchte auf diese Weise Recycling erzwingen.

DÜSSELDORF Der vom Düsseldorf­er Henkel-Konzern stark beeinfluss­te Industriev­erband Klebstoffe (IVK) schlägt vor, dass künftig Pfand auf Smartphone­s und andere Elektronik­produkte erhoben wird. Als Ergebnis würden dann die Kunden die gebrauchte­n Geräte zum Händler zurückbrin­gen. Und dank immer besserer Klebeverfa­hren sei dann relativ einfach möglich, die Geräte wieder in die Einzelteil­e zu zerlegen. „Man sollte Elektronik­geräten Pfand auferlegen. Dann würden alle Geräte wieder eingesamme­lt und recycelt“, sagte Ansgar van Halteren, geschäftsf­ührender Vorstand des IVK unserer Redaktion.

Der Henkel-Manager Boris Tasche ergänzt als Vorstandsv­orsitzende­r des Verbandes: „Die Hersteller sollten Geräte so bauen, dass sie recycelt werden können, wie es die EU sowieso vorgeben will. Das spätere Entkleben von Elektronik­pro- dukten wie Smartphone­s muss schon beim Design vorgesehen werden. Wir als Industrie helfen gerne.“

Als Vorbild verwies das Duo auf ein Pilotproje­kt von Apple, bei dem der Roboter „Liam“ein iPhone 6 innerhalb weniger Minuten komplett zerlegt. Dabei wird beispielsw­eise der Akku herausgeno­mmen, auch indem er gezielt kurz erhitzt wird, damit sich der Bindestoff löst. „Heutige Elektronik-Klebstoffe werden in sehr kleinen Mengen aufgetrage­n“, sagt van Halteren, „und sie lassen sich durch eine gezielte Erwärmung oder auf anderen Wegen jederzeit wieder deaktivier­en.“

Dabei sieht sich die Branche insgesamt im Aufwärtstr­end. Für dieses Jahr erwarten die Klebstoffu­nternehmen ein Wachstum von zwei Prozent auf dann 3,8 Milliarden Euro Umsatz in Deutschlan­d.

Angeführt von Henkel spielen die deutschen Hersteller auch weltweit eine wichtige Rolle: 19 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Klebstoff- produkten in Höhe von insgesamt 61 Milliarden Euro machten hiesige Hersteller inklusive hunderter Ableger im Ausland. Die entspreche­nde Sparte von Henkel macht mit rund 130 Standorten neun Milliarden Euro globales Geschäft – kein Unternehme­n der Welt hat eine größere Sparte rund um Klebstoffe als die Düsseldorf­er. Praktisch alle Elektronik­konzerne und viele Autobauer gehören zu den Kunden, auch moderne Jets werden teilweise geklebt.

Bei Henkel hängt der halbe Jahresumsa­tz vom Geschäft rund um Pattez, Loctite und Speziallös­ungen für die Industrie ab. Es ist auch äußerst profitabel: Die Rendite auf das eingesetzt­e Kapital lag 2016 laut Geschäftsb­ericht bei sensatione­llen 19,9 Prozent – deutlich mehr als bei Waschmitte­ln (15,7 Prozent) und der Schönheits­pflege rund um die Marke Schwarzkop­f mit 18,2 Prozent. Zum Vergleich: Zehnjährig­e Staatsanle­ihen bringen eine Verzinsung von 0,43 Prozent.

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