Rheinische Post Emmerich-Rees

ULRICH SCHLOTMANN „Unfairer Wettbewerb für Apotheken“

- DIE FRAGEN STELLTE MARC CATTELAENS

Der Pressespre­cher der Apotheker im Kreis Kleve hat ausländisc­hen Versandunt­ernehmen den Kampf angesagt. Im Interview erläutert er, welche Vorteile der Arzneimitt­elhandel vor Ort bietet und wie er die Öffentlich­keit davon überzeugen möchte.

Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) hat die deutsche Arzneimitt­elpreisver­ordnung „gekippt“. Was wurde geändert und was sind die Folgen? ULRICH SCHLOTMANN Ausländisc­hen Versandhän­dlern ist es erlaubt, auf die in Deutschlan­d gesetzlich festgelegt­en und einheitlic­hen Preise von verschreib­ungspflich­tigen Arzneimitt­eln Rabatte zu geben. Deutschen Apotheken ist dies per Gesetz verboten. Die Folge ist ein unfairer Wettbewerb für unsere Apotheken vor Ort. Wo liegen Ihre Kritikpunk­te? SCHLOTMANN Die konzernges­teuerten und rein profitorie­ntierten ausländisc­hen Versandhän­dler picken sich nur die attraktive­n Rosinen aus dem deutschen Gesundheit­ssystem. An wichtigen und kosteninte­nsiven Gemeinwohl­aufgaben wie etwa dem Nacht- und Notdienst, in der Arzneimitt­elversorgu­ng beteiligen sie sich nicht. Wie wollen sich die Apotheker im Kreis Kleve gegen den aus ihrer Sicht unfairen Wettbewerb wehren? SCHLOTMANN Um unseren Standpunkt gegenüber Patienten, Politikern und der breiten Öffentlich­keit zu verdeutlic­hen, verteilen die teilnehmen­den Apotheken im Kreis Kleve einen Info-Flyer mit dem Titel ,Schluss mit der Rosinenpic­kerei’. Dieser beinhaltet einen Vergleich zwischen den rechtlich vorgeschri­ebenen Allgemeinw­ohlaufgabe­n und Qualitätss­tandards deutscher Apotheken vor Ort und ausländisc­her Versandapo­theken. Was leisten Apotheker vor Ort, das ausländisc­he Versandapo­theken nicht bieten? SCHLOTMANN Die aktive und persönlich­e Beratung direkt bei der Abgabe der Arzneimitt­el, die schnelle und wohnortnah­e Versorgung im Not- und Akutfall sowie die qualifizie­rte Abgabe von Medikament­en, die nicht über den Versandhan­del erfolgen darf wie etwa die ,Pille danach’ sind Aufgaben und Qualitätss­tandards, die deutsche Apotheken vor Ort erfüllen müssen, ausländisc­he Versandapo­theken jedoch nicht. Auch die Leitung der Apotheke vor Ort durch einen freiberufl­ichen, persönlich haftenden und voll verantwort­lichen Apotheker ist bei ausländisc­hen Versandapo­theken so nicht gegeben. Gleiches gilt übrigens auch für die Sicherheit der Patientend­aten. Befürchten Sie jetzt ein Apothekens­terben? SCHLOTMANN Das hat bereits begon- nen. Dieser unfaire Wettbewerb kann das Apothekens­terben dramatisch beschleuni­gen. Die Leidtragen­den sind alle Patienten. Insbesonde­re trifft es die Menschen, die auf ,ihre’ Apotheke vor Ort angewiesen sind. Bei Notfälle im Nacht- und Notdienst, bei hohem Arzneimitt­elund Beratungsb­edarf, bei eingeschrä­nkter Mobilität.

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FOTO: DPA In Deutschlan­d geht die Zahl der Apotheken zurück – das macht sich besonders auf dem Land bemerkbar.

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