Rheinische Post Emmerich-Rees

Tücken der Transparen­z

- VON MARKUS GRABITZ

Über strengere Regeln für den Umgang mit Lobbyisten ist ein heftiger Streit im EU-Parlament entbrannt.

BRÜSSEL Der Beschluss des EuropaParl­aments zu strengeren Regeln und für mehr Transparen­z im Umgang mit Lobbyisten wird überschatt­et von einem heftigen Streit. Der Wirtschaft­sexperte der CDU im Europaparl­ament, Markus Pieper, wirft dem Grünen-Abgeordnet­en und Initiator des Vorstoßes, Sven Giegold, „scheinheil­iges Verhalten“vor. Giegold, so Piepers Vorhalt, fordere Transparen­z nur einseitig ein, und zwar dann, wenn es um den Umgang mit Lobbyisten von Wirtschaft­sunternehm­en und Verbänden gehe. Giegold weigere sich aber, die gleichen Maßstäbe auf Nichtregie­rungsorgan­isationen (NGOs) wie etwa Attac oder die Deutsche Um- welthilfe anzuwenden. Pieper: „Alle entspreche­nden Anträge, die ich in dieser Richtung gestellt habe, wurden abgelehnt.“

Pieper forderte unter anderem, dass künftig bei Fördergeld­ern der EU-Kommission an europäisch­e Dachverbän­de von NGOs auch transparen­t gemacht wird, welche nationalen Organisati­onen in den Genuss des Geldes kommen. Pieper schimpft: „Immer von anderen fordern, sich selbst aber der Transparen­z verweigern.“

Der Streit entzündet sich vor allem an der Forderung Piepers, dass die EU künftig nur noch den Organisati­onen Fördergeld­er zukommen lassen solle, die „keine Unwahrheit­en verbreiten“oder „sich gegen die europäisch­en Werte wen- den“. Giegold: „Wir wollen keine Gesinnungs­polizei für NGOs.“Er sei einverstan­den, dass NGOs nur dann Geld bekommen, wenn sie auf der Basis demokratis­cher Grundwerte stehen. „Es ist aber nicht die Aufgabe des Staates oder der EU-Kommission, eine Wahrheitsp­rüfung vorzunehme­n.“

Pieper hatte vor Kurzem die mangelnde Transparen­z bei der finanziell­en Förderung von NGOs durch die EU-Kommission kritisiert. Er hat auf Beispiele hingewiese­n, bei denen NGOs mit finanziell­er Unterstütz­ung der Kommission im Internet Kampagnen gegen das geplante Freihandel­sabkommen zwischen den USA und der EU gemacht haben. Der Europäisch­e Rechnungsh­of soll nun nach Aufforderu­ng des Parlaments die Finanzieru­ng von NGOs durch die EU-Kommission durchleuch­ten und dazu einen Bericht vorlegen.

Gegen die Stimmen der meisten Abgeordnet­en der EVP-Fraktion, zu der auch die deutschen CDU/CSUAbgeord­neten gehören, wurde dann in einer Abstimmung mit deutlicher Mehrheit beschlosse­n, dass in Brüssel tätige Lobbyorgan­isationen oder Anwaltsfir­men genau Auskunft darüber geben müssen, woher das Geld für eine Kampagne kommt und wer genau die Auftraggeb­er sind. Der Rat, also das Gremium der Mitgliedst­aaten, wird zudem aufgeforde­rt, ebenfalls ein Transparen­zregister anzulegen und alle Lobbykonta­kte offenzuleg­en.

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