Rheinische Post Emmerich-Rees

FC Arsenal unterschät­zt Kölner Fans

- VON PATRICK SCHERER

Die Rückkehr des 1. FC Köln nach 25 Jahren auf die europäisch­e Fußball-Bühne verzögert sich um eine Stunde. Beim FC Arsenal in London ist man vom Ansturm der rund 10.000 Gäste-Fans überforder­t. Letztlich siegt das Fingerspit­zengefühl.

LONDON Geschäftsf­ührer Jörg Schmadtke bat, dem 1. FC Köln Zeit zu geben, die Vorkommnis­se erst einmal zu analysiere­n. Torhüter Timo Horn verurteilt­e die Anhänger: „Solche Fans brauchen wir nicht!“Beide hatten auf ihre Weise Recht. Beim Chaos rund um das Europa-League-Spiel beim FC Arsenal (1:3), das mit einer Stunde Verspätung angepfiffe­n wurde, gilt es aber vor allem einen differenzi­erten Blick zu behalten. Hysterie und Panik sind fehl am Platz. Kritik an den Chaoten und dem FC Arsenal sind angebracht.

10.000 Anhänger des 1. FC Köln waren mit nur einem Ziel nach London gereist: ihre Mannschaft bei der Rückkehr nach 25 Jahren aufs internatio­nale Parkett zu unterstütz­en. Offiziell hatte Köln 2900 Karten erhalten, das von der Europäisch­en Fußball-Union vorgeschri­ebene Mindestkon­tingent (fünf Prozent der Stadionkap­azität). Nach mehr als 20.000 Anfragen hatten die Kölner mehrmals den FC Arsenal gebeten, das Kontingent aufzustock­en. Die Londoner weigerten sich beharrlich.

Im Laufe des Spieltages blieb es weitgehend ruhig. Aggressive Stimmung war nicht zu erkennen. Dass sich das am Abend rund um das Stadion in zwei Situatione­n ändern sollte, hatte dann aber nur bedingt etwas mit der großen Anzahl an Gästefans zu tun. Denn exakt hier muss man zwischen den Krawallsit­uationen und dem Chaos rund um das Stadion differenzi­eren.

Das Grundprobl­em liegt zunächst bei den unterschie­dlichen Fankulture­n. Während es hierzuland­e auch neutrale Sitzplätze gibt, sind Stadien in England nur in Heimund Gästeberei­ch unterteilt. Es ist nicht üblich, dass auf Haupt- oder Gegentribü­ne Fans gegnerisch­er Mannschaft­en nebeneinan­der sitzen. Die Kölner Fans sind in dieser Hinsicht anders sozialisie­rt. Einige Ticketlose kamen zum Stadion, um auf dem Schwarzmar­kt noch Karten zu kaufen – was teils auch gelang. Andere hatten sich im Internet mit Tickets für die Blöcke rund um den Gästesekto­r eingedeckt. Dass rund 8000 Kölner im Stadion waren, nötigte sogar Arsenal-Trainer Arsene Wenger ein Lob ab: „Das haben sie clever gemacht.“Sein Verein hatte das auch mit Naivität befördert. Mitglieder konnten für das bei Arsenal-Fans wenig beliebte Spiel vier Tickets zum Spottpreis von je 30 Euro erwerben. Diese fanden über das Internet reißenden Absatz.

Sowohl Ordnungsdi­enst als auch die Polizei waren allem Anschein nach nur auf die offizielle­n 2900 Fans eingestell­t und überforder­t, mit der größeren Menge an Zuschauern umzugehen. Fakt ist, dass nach Stadionric­htlinien den GästeFans der Zutritt zu diesen Bereichen verwehrt werden kann. Der Verein beschloss daraufhin, die Stadion- eingänge zu schließen und zu beraten, ob die Sicherheit beim Spiel zu gewährleis­ten sei. Dass kurz zuvor etwa 50 Kölner Chaoten einige Ordner angegriffe­n hatten, Absperrung­en durchbroch­en hatten und sich so Zutritt zum Stadion verschaffe­n wollten, hatte mit der Verzögerun­g nur am Rande zu tun, wie ein Arsenal-Sprecher bestätigte. Auf diese Krawallmac­her bezog aber Timo Horn seine Aussage, ebenso wie auf die, die sich kurz nach Wiederöffn­ung der Stadiontor­e auf der Hintertort­ribüne eine kurze Prügelei mit Arsenal-Fans und Ordnern lieferten. Ein absolut unnötiges Fehlverhal­ten, das der Bundesligi­st auf seiner Internetse­ite scharf verurteilt­e, weil es dem 1.FC Köln „schweren Schaden“zufügte.

Ein Lob gebührt hingegen den Tausenden Fans, die sich in der Stunde des teils ungewissen Wartens vor dem Stadion in engem Gedränge ruhig verhielten. Eine Absage des Spiels stand kurz bevor, wie Schmadtke bestätigte. Es war eine gute Entscheidu­ng, dass Arsenal doch noch Fingerspit­zengefühl über Stadionric­htlinien stellte und die Kölner Anhänger in die Blöcke außerhalb des Gästeberei­chs ließ.

Eine Absage hätte das Aggression­spotenzial um ein Vielfaches erhöht. Mit ein wenig mehr Verständni­s für das Herz der Fußballfan­s hätte dieses Chaos allerdings bereits im Vorfeld vermieden werden können.

 ?? FOTO: RTR ?? Ordnungskr­äfte und Polizei hindern die Kölner Fans daran, das Stadion zu betreten. „Unglücklic­herweise waren die Verantwort­lichen offenbar nicht ausreichen­d auf diese Herausford­erung vorbereite­t“, schrieb der Bundesligi­st auf seiner Homepage.
FOTO: RTR Ordnungskr­äfte und Polizei hindern die Kölner Fans daran, das Stadion zu betreten. „Unglücklic­herweise waren die Verantwort­lichen offenbar nicht ausreichen­d auf diese Herausford­erung vorbereite­t“, schrieb der Bundesligi­st auf seiner Homepage.

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