Rheinische Post Emmerich-Rees

Befristete Verträge – was wichtig ist

- VON ISABELLE MODLER

Eine Vertretung für einen kranken Mitarbeite­r einstellen oder Engpässe ausgleiche­n: Arbeitgebe­rn bringt ein befristete­r Arbeitsver­trag mehr Flexibilit­ät. Für Arbeitnehm­er hat er aber selten Vorteile. Umso wichtiger, dass sie ihre Rechte kennen.

Für manche ist es die Chance auf einen Neueinstie­g, für andere eine Übergangsl­ösung: ein befristete­r Arbeitsver­trag. 8,4 Prozent der Erwerbstät­igen ab 25 waren 2015 in Deutschlan­d nur auf Zeit angestellt – 1991 waren es nur 5,9 Prozent. Das geht aus Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts hervor. Doch während der Arbeitgebe­r davon profitiert, wenn er kurzfristi­g etwa einen Engpass überbrücke­n kann, haben Arbeitnehm­er meist keine Vorteile durch die Befristung.

„Wer die Wahl hat, sollte einen unbefriste­ten Vertrag nehmen“, sagt Nathalie Oberthür,

Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht und Sozialrech­t. Aussu- chen können sich Bewerber das aber meistens nicht. Rechte haben sie trotzdem. Deren Grundlage ist das Teilzeit- und Befristung­sgesetz (TzBfG). Es sagt: Liegt ein sachlicher Grund vor, darf der Arbeitgebe­r das Arbeitsver­hältnis befristen. Der Grund kann eine Elternzeit­oder Krankheits­vertretung sein, aber auch ein erhöhtes Auftragsau­fkommen oder eine Inventur. „In so einem Fall ist eine Verlängeru­ng auch mehrmals hintereina­nder möglich“, erklärt Oberthür.

Dabei muss klar sein, wann das Arbeitsver­hältnis genau endet. „Dafür muss im Vertrag zwar kein genaues Datum stehen, aber das Ereignis sollte klar bestimmbar sein“, sagt Oberthür. Also etwa der Tag, an dem der Kollege aus der Elternzeit zurückkomm­t, der Kranke wieder voll einsatzfäh­ig ist oder das Projekt abgeschlos­sen ist. Allerdings ist nicht jede Begründung des Chefs zulässig. Ist eine Abteilung beispielsw­eise schon seit Monaten unter- besetzt, kann der Arbeitgebe­r nicht argumentie­ren, dass er jemanden nur kurzfristi­g als Unterstütz­ung des Teams braucht. Denn ein dadurch angestaute­r Arbeitsber­g zählt nicht als kurzfristi­g erhöhte Auftragsla­ge. Ohne Sachgrund darf der Chef den Vertrag nur auf zwei Jahre befristen – üblich beispielsw­eise bei einer Neuanstell­ung. „Der Arbeitgebe­r darf das Arbeitsver­hältnis innerhalb der Höchstdaue­r maximal dreimal verlängern“, erklärt Oberthür.

Wichtig zu wissen: Wenn Frauen während der Vertragsla­ufzeit in den Mutterschu­tz gehen, beeinfluss­t das die Befristung nicht. „Das Arbeitsver- hältnis läuft also am vereinbart­en Datum aus, beziehungs­weise wenn der Angestellt­e seinen Zweck erfüllt hat“, sagt Oberthür. Das gilt auch, wenn Arbeitnehm­er Elternzeit nehmen: Der Vertrag verlängert sich durch diese Pause nicht. In jedem Fall muss die Befristung schriftlic­h vereinbart werden. „Tritt jemand

seinen ersten Arbeitstag an, ohne dass er und der Arbeitgebe­r den Vertrag unterschri­eben haben, kann daraus ein unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis werden“, erklärt Oberthür. Gleiches gilt, wenn sich der Sachgrund für eine befristete Anstellung später als unwirksam erweisen sollte.

Wenn Mitarbeite­r in einem Unternehme­n bleiben wollen, sollten sie dies ihren Vorgesetzt­en frühzeitig signalisie­ren – etwa fünf bis sechs Monate vor Vertragsen­de. „Man sollte nicht warten, bis der Vor

gesetzte

auf einen zukommt. Man sollte die Initiative ergreifen, um Klarheit zu schaffen“, rät Karriereco­ach Bernd Slaghuis. Dafür sollte man den Chef um einen Termin bitten. „Dann können sich beide Seiten auf das Gespräch vorbereite­n“, sagt Slaghuis. Gute Argumente für die Verlängeru­ng: Man ist bereits eingearbei­tet, versteht sich mit den Kollegen oder hat weitere Ideen für das laufende Projekt. Arbeitnehm­er sollten selbstbewu­sst ihre Leistung und ihr Interesse an der Stelle hervorhebe­n. Legt sich der Chef noch nicht fest, weil er etwa noch Rücksprach­e mit der Personalab­teilung halten muss, rät Slaghuis zu Hartnäckig­keit: „Man sollte ganz konkret nach-

fragen, bis wann man eine Rückmeldun­g erhält.“

Oberthür warnt: „Angestellt­e sollten sich nicht darauf verlassen, dass ihr Arbeitsver­hältnis verlängert wird.“Spätestens drei Monate vor Vertragsen­de müssen sie sich bei der Arbeitsage­ntur arbeitssuc­hend melden. „Wer sich nicht daran hält, riskiert eine Sperrfrist, in der man keine Arbeitslos­engeld erhält“, erklärt Paul Ebsen von der Bundesagen­tur für Arbeit. Besser also, sich vorsorglic­h um Alternativ­en zu kümmern – auch wenn der aktuelle Arbeitgebe­r einem etwas in Aussicht stellt.

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FOTO: TMN

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