Rheinische Post Emmerich-Rees

Wölfin bei Fluchtvers­uch erschossen

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Bei einem neuen Anlauf, das Tier zu narkotisie­ren, hatte es gestern Morgen versucht, den Außenzaun zu überspring­en.

ISSELBURG Die Wölfin ist tot – und in den sozialen Netzwerken überschlug­en sich die Kommentare bereits am frühen Sonntagmor­gen. Schock, Trauer und Entsetzen war dort zu lesen, andere Kommentato­ren klagten den Wildpark Anholter Schweiz an. Er trage die Schuld am Tod der anderthalb Jahre alten Wölfin, die aus dem Wolfsgeheg­e geflohen war und sich zwölf Tage auf dem umzäunten Gelände aufhielt, bis er nun von Sicherheit­skräften erschossen wurde.

Die Pächterin des Parks, Monika Westerhoff-Boland, hatte für 15 Uhr zur Pressekonf­erenz geladen, um Journalist­en und Fernsehtea­ms aus Deutschlan­d und den Niederland­en ihre Sicht auf die Geschehnis­se zu schildern. Noch bevor sie eine schriftlic­h vorformuli­erte Erklärung verlesen konnte, kam es auf dem Parkplatz zum Eklat: Eine Frau aus Vehlingen wollte die Autos der Besucher stoppen. „Besucht nicht die- sen Park! Er hat einen Wolf erschossen!“, rief die aufgebrach­te Frau, bis die Pächterin und ihre Mitarbeite­r das Hausrecht geltend machten und die Frau des Parkplatze­s verwiesen.

Bei der Pressekonf­erenz dominierte­n dann Fakten statt Vorwürfe. Bei einem erneuten Versuch, die Wölfin zu narkotisie­ren, habe sie am Sonntagmor­gen versucht, den zwei Meter hohen Außenzaun entlang der Pferdehors­ter Straße zu überspring­en. Dies sei der Moment gewesen, in dem einer der bereitsteh­enden „Kugelschüt­zen“, die auch für den Schutz der Mitarbeite­r angeforder­t worden waren, das Tier erschossen habe.

Frank Schaffeld, Leiter des Ordnungsam­ts der Stadt Isselburg, nannte die Maßnahme „traurig, aber notwendig“. Oberstes Ziel sei es gewesen, die öffentlich­e Sicherheit zu wahren und die Wölfin nicht aus dem Park entkommen zu lassen. Schaffeld lobte ausdrückli­ch die gute Zusammenar­beit mit dem Wildpark, der „auf eigene Kosten und mit einem enormen Aufwand“alle Maßnahmen ergriffen habe, um die Vorgaben der Stadt Isselburg zu erfüllen. Die Tierärztin des Wildparks, Dr. Anne Brömmling, bestätigte, dass die Wölfin zu einer „potenziell­en Gefahr“hätte werden können, sobald sie den Außenzaun überwunden und in benachbart­e Wohngebiet­e gelaufen wäre: „Wenn sie sich bedrängt gefühlt hätte, zum Beispiel in einer Garage, wäre das denkbar gewesen.“Am Samstag- morgen war bereits Revierförs­ter Rolf Schwartke von der Wolfsdame gebissen worden, blieb aber wegen der Stahlkappe­n an seinen Schuhen unverletzt.

In ihrer Presseerkl­ärung blickte Monika Westerhoff-Boland auf zwölf Tage und elf schlaflose Nächte „voller Strapazen, Hilflosigk­eit und Machtlosig­keit“zurück. Alles begann am 5. September beim Versuch, drei weibliche Wölfe vor ihrem Transport in einen anderen Wildpark zu narkotisie­ren. Eines der Tiere geriet in Panik und sprang über den zwei Meter hohen und mit 6000 Volt gesicherte­n Elektrozau­n des Absperrgeh­eges. Der Park, in dem sich das Tier bis zuletzt aufhielt, wurde sofort für die Öffentlich­keit geschlosse­n. Die erfolglose Suche nach der Wölfin wurde täglich von Zeitungen, Fernsehsen­dern und im Internet dokumentie­rt.

Den wirtschaft­lichen Schaden, der dem Park durch die zwölftägig­e Schließung entstand, schätzt die Pächterin auf 20.000 Euro. Hinzu kommen die Rechnungen einzelner Wolfsexper­ten und Organisati­onen, die sich an der Jagd der geflohenen Wölfin beteiligt haben. Auch ein bevorstehe­nder Ausbau der Gehege wird Geld kosten: Der Außenzaun des Wolfsgeheg­es soll durch zusätzlich­e Matten im oberen Teil nachgerüst­et und das Absperrgeh­ege mit einem Maschendra­ht überspannt werden. Im November schließt der Park für eine fünfmonati­ge Winterpaus­e.

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