Frust und Ratlosigkeit im Ruhrgebiet
21,1 Prozent haben im Duisburger Stadtteil Neumühl der AfD ihre Stimme gegeben – in einem Stimmbezirk ist sie mit 29,7 Prozent stärkste Kraft geworden. Viele Bewohner macht der Begriff „AfD-Hochburg“zornig.
DUISBURG/GELSENKIRCHEN Am Tag nach der Bundestagswahl ist das Entsetzen bei vielen Menschen in Duisburg-Neumühl groß. Jeder fünfte Wähler hat der Partei Alternative für Deutschland seine Stimme gegeben, in einem Stimmbezirk war es sogar fast jeder dritte Wähler. Wie in einer rechten Hochburg oder in einem abgehängten Stadtteil fühlt man sich in Neumühl nicht. An den Straßen stehen kleine Reihenhäuschen, die vielen Zechensiedlungen verleihen dem Stadtteil einen liebenswerten Charme. In der Fußgängerzone gibt es viele kleine Geschäfte und einige Gastronomiebetriebe. Leerstand scheint hier kein Problem zu sein.
Anja Buchmüller-Brand ist Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde. Sie erzählt von engagierten Menschen, einem bunten und lebendigen Stadtteil und davon, dass sie die Zahl der AfD-Stimmen sehr erschreckt. Denn in Gesprächen begegne ihr die Sympathie für die rechtspopulistische Partei so gut wie gar nicht. „Es ist wirklich schwierig rauszukriegen, wer sie wählt. Manchmal frage ich mich deshalb selber: Wo sind die?“, sagt Anja Buchmüller-Brand. Sie vermutet, es sind Menschen, die ihren Protest zum Ausdruck bringen wollten.
„Der richtige Umgang mit der AfD wird in den kommenden Wochen und Monaten für alle Demokraten eine große Aufgabe sein“, sagt Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Die AfD biete genug Angriffsf läche, aber das allein sei nicht die Lösung. „Wir müssen die Menschen, die am Sonntag ihr Heil in der AfD gesucht haben, ernst nehmen und sie wieder für demokratische Lösungen begeistern“, sagt Link. „Am Ende brauchen wir Problemlöser“– und davon habe er in der AfD noch keinen einzigen gesehen.
Für viele Wähler im Ruhrgebiet hat allerdings die SPD auch nicht genügend Probleme gelöst. In Gelsenkirchen ging es für sie zweistellig abwärts. Mit 10,6 Prozentpunkten haben die Sozialdemokraten dort ihren dramatischsten Verlust in NRW einstecken müssen. In allen Pott-Wahlkreisen haben sie bei den Zweitstimmen Verluste von sieben