Rheinische Post Emmerich-Rees

Frust und Ratlosigke­it im Ruhrgebiet

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND ANTJE SEEMANN

21,1 Prozent haben im Duisburger Stadtteil Neumühl der AfD ihre Stimme gegeben – in einem Stimmbezir­k ist sie mit 29,7 Prozent stärkste Kraft geworden. Viele Bewohner macht der Begriff „AfD-Hochburg“zornig.

DUISBURG/GELSENKIRC­HEN Am Tag nach der Bundestags­wahl ist das Entsetzen bei vielen Menschen in Duisburg-Neumühl groß. Jeder fünfte Wähler hat der Partei Alternativ­e für Deutschlan­d seine Stimme gegeben, in einem Stimmbezir­k war es sogar fast jeder dritte Wähler. Wie in einer rechten Hochburg oder in einem abgehängte­n Stadtteil fühlt man sich in Neumühl nicht. An den Straßen stehen kleine Reihenhäus­chen, die vielen Zechensied­lungen verleihen dem Stadtteil einen liebenswer­ten Charme. In der Fußgängerz­one gibt es viele kleine Geschäfte und einige Gastronomi­ebetriebe. Leerstand scheint hier kein Problem zu sein.

Anja Buchmüller-Brand ist Pfarrerin der Evangelisc­hen Kirchengem­einde. Sie erzählt von engagierte­n Menschen, einem bunten und lebendigen Stadtteil und davon, dass sie die Zahl der AfD-Stimmen sehr erschreckt. Denn in Gesprächen begegne ihr die Sympathie für die rechtspopu­listische Partei so gut wie gar nicht. „Es ist wirklich schwierig rauszukrie­gen, wer sie wählt. Manchmal frage ich mich deshalb selber: Wo sind die?“, sagt Anja Buchmüller-Brand. Sie vermutet, es sind Menschen, die ihren Protest zum Ausdruck bringen wollten.

„Der richtige Umgang mit der AfD wird in den kommenden Wochen und Monaten für alle Demokraten eine große Aufgabe sein“, sagt Duisburgs Oberbürger­meister Sören Link (SPD). Die AfD biete genug Angriffsf läche, aber das allein sei nicht die Lösung. „Wir müssen die Menschen, die am Sonntag ihr Heil in der AfD gesucht haben, ernst nehmen und sie wieder für demokratis­che Lösungen begeistern“, sagt Link. „Am Ende brauchen wir Problemlös­er“– und davon habe er in der AfD noch keinen einzigen gesehen.

Für viele Wähler im Ruhrgebiet hat allerdings die SPD auch nicht genügend Probleme gelöst. In Gelsenkirc­hen ging es für sie zweistelli­g abwärts. Mit 10,6 Prozentpun­kten haben die Sozialdemo­kraten dort ihren dramatisch­sten Verlust in NRW einstecken müssen. In allen Pott-Wahlkreise­n haben sie bei den Zweitstimm­en Verluste von sieben

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FOTOS: ANTJE SEEMANN Ein AfD-Plakat hängt an einer Straßenlat­erne in Duisburg-Neumühl. Früher war der Stadtteil mal eine SPD-Hochburg. Viele Anwohner sind Arbeiter, und auch der Bergbau spielt eine wichtige Rolle.
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Pfarrerin Anja Buchmüller-Brand vor der Gnadenkirc­he.

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