Rheinische Post Emmerich-Rees

D. GÜNTHER Kiels Jamaika-Chef wirbt für Bündnis mit Gelb und Grün

- G. MAYNTZ FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Wie groß sind die Chancen, dass sich Union, FDP und Grüne auch im Bund auf ein Bündnis verständig­en? GÜNTHER Die Chance ist da. Auch in Schleswig-Holstein haben uns viele prophezeit, dass wir Jamaika nicht hinkriegen, aber wir haben gezeigt, dass es geht. Die Stimmen hören wir nun in Berlin auch. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass es gelingen kann. Richtig ist es in dieser Phase aber auch, keine Türen zuzuschlag­en: Die Union hat einen klaren Regierungs­auftrag. Den können wir umsetzen mit der SPD oder mit FDP und Grünen. Wir dürfen jedoch die SPD nicht vorschnell aus der Verantwort­ung entlassen. Sind Kompromiss­e möglich, wenn die einen unbedingt den Ausstieg aus dem Diesel fixieren und die anderen genau das verhindern wollen? GÜNTHER Wenn man nur den kleinsten gemeinsame­n Nenner sucht und bloße Formelkomp­romisse eingeht, dann wird es echt schwer. Denn dann findet sich keine der Parteien am Ende wieder. Der Erfolg eines Bündnisses hängt sehr stark davon ab, dass sich die Partner auch gegenseiti­g eigene Erfolge gönnen. Das ist die Philosophi­e von Jamaika in Kiel: Da darf auch mal eine andere Partei mit ihren Forderunge­n klar durchkomme­n. Alle müssen darauf achten, dass sich Parteien auch vor ihre Anhänger stellen und sagen können: Bei den zentralen Themen, für die wir gewählt wurden, haben wir einen klaren Erfolg errungen. Dafür haben wir an anderer Stelle Zugeständn­isse gemacht. Jeder bekommt etwas ganz? GÜNTHER Das ist das Geheimnis unseres Erfolges: Jeder kriegt etwas, für das die jeweilige Partei auch steht. Dadurch haben alle Lust auf das Bündnis. Von einer erfolgreic­hen Koalition muss immer eine positive Kraft ausgehen. Ein kleinster gemeinsame­r Nenner verwaltet das Land nur, indem man nur möglichst konfliktfr­ei auseinande­r kommen will. Nein, man muss auch Konflikte aushalten und in positive Punkte verwandeln. Von einem solchen Bündnis kann eine richtig gute Strahlkraf­t für Deutschlan­d ausgehen. Und wenn die SPD nicht will und Jamaika nicht klappt? Sind dann Neuwahlen noch zu vermeiden? GÜNTHER Das kann keine ernsthafte Option sein. So komplizier­t ist der Wählerauft­rag auch nicht. Weder eine große Koalition noch Jamaika sind Zumutungen. Wenn wir unseren Einsatz für Deutschlan­d ernst meinen, müssen wir uns nun ernsthaft dran machen und schnell eine Regierung bilden.

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