Rheinische Post Emmerich-Rees

„Von Helmut Kohl habe ich Geduld gelernt“

- MICHAEL BRÖCKER, JULIA RATHCKE UND THOMAS REISENER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

Der NRW-Minister für Bundes- und Europaange­legenheite­n erklärt, warum er die Verantwort­ung für den Bereich Medien abgegeben hat.

DÜSSELDORF Wir treffen Stephan Holthoff-Pförtner (69) in seinem Büro im Düsseldorf­er Stadttor. Der NRW-Minister für Bundes- und Europaange­legenheite­n, der die Zuständigk­eit für den Bereich Medien wegen möglicher Interessen­konf likte mit seiner privaten Beteiligun­g an einem Großverlag abgeben musste, ist auf dem Sprung. Er muss nach Berlin, um eine Sitzung des Bundesrate­s vorzuberei­ten. HOLTHOFF-PFÖRTNER Das politische Bekenntnis zu Europa wieder genauso selbstvers­tändlich zu machen wie das gemeinsame Europa, das wir schon heute in unserem Leben täglich erfahren. Zum Beispiel müssen wir die Kooperatio­n NRWs mit den Niederland­en erleichter­n im Bereich Kita, Schule, Sicherheit. Und welche konkreten Pläne haben Sie? HOLTHOFF-PFÖRTNER Wir müssen zum Beispiel die Anerkennun­g von Schul- und Ausbildung­sabschlüss­en in den Nachbarlän­dern angleichen. Einrichtun­gen wie Schulen, Kitas, Krankenhäu­ser müssen ohne bürokratis­che Hinderniss­e grenzüberg­reifend genutzt werden können. Es ist wichtig, dass wir hier gemeinsam denken. Ist das nicht alles in der EU schon geregelt? Was kann NRW da noch tun? HOLTHOFF-PFÖRTNER Ein in Kleve ausgebilde­ter Physiother­apeut kann in den Niederland­en, Belgien oder Luxemburg in seinem Beruf immer noch nicht zu den gleichen Bedingunge­n arbeiten wie zu Hause. Das lässt sich ändern. Verstehen Sie sich auch ein bisschen als Außenminis­ter NRWs? HOLTHOFF-PFÖRTNER Das ist zu hoch gegriffen. Ich kümmere mich um die Nachbarn, ja, aber ich würde mich selbst so nicht nennen wollen. Der Koalitions­vertrag kündigt eine Verbesseru­ng des Grenzschut­zes zu den Niederland­en und zu Belgien an. Was ist damit gemeint? HOLTHOFF-PFÖRTNER Natürlich wollen wir die Grenzen nicht zumachen. Sondern sinnvoller sichern. Wir haben zum Beispiel das Problem, dass eine Straftäter- und Strafverfo­lgung über die Grenzen hinweg schwierig ist. Grenzen dürfen keine Vorteile für Kriminelle haben, da müssen wir etwas tun, ohne die Freizügigk­eit für die anderen Bürger einzuschrä­nken. Also eine Art Waffenglei­chheit für die Polizei? HOLTHOFF-PFÖRTNER Der Ausdruck ist vielleicht unglücklic­h. Aber wir dürfen es Kriminelle­n nicht weiterhin ermögliche­n, an der Grenze jeweils die Verfolger abzuschütt­eln. Sie sehen Defizite bei den EU-Binnengren­zen, andere sprechen derzeit eher über die Schwächen der EU-Außengrenz­en. HOLTHOFF-PFÖRTNER In der Tat ist es wichtig, dass die Grenzen innerhalb Europas unser Zusammenle­ben nicht behindern. Aber man kann Schengen nur machen, wenn die Außengrenz­en sicher sind. Sind die EU-Außengrenz­en sicher? HOLTHOFF-PFÖRTNER Angela Merkel hat in den letzten zwei Jahren viel unternomme­n, um den Schutz der Außengrenz­en zu verstärken. Hier ist mein Einfluss als Europamini­ster von NRW allerdings eher gering. Kann der NRW-Europamini­ster auf eine schnellere Abschaltun­g der Risiko-Reaktoren in Tihange und Doel einwirken? HOLTHOFF-PFÖRTNER Das bleibt unser Ziel. Und dafür kämpfen wir mit allen Mitteln. Aber es gibt auch viele Themen, bei denen wir mit unseren Nachbarn nah beieinande­r sind. Sie haben die Verantwort­ung für die Ruhrkonfer­enz übernommen. In welcher Stadt findet die statt? HOLTHOFF-PFÖRTNER Diese Frage sollte man hinten anstellen. Genau solche Fragen schüren die Rivalitäte­n, die wir überwinden wollen. Was ist denn das Ziel der Ruhrkonfer­enz? HOLTHOFF-PFÖRTNER Wir wollen das Ruhrgebiet auf allen Ebenen weiterentw­ickeln. Wirtschaft­lich wie kulturell. Wir definieren das auch als Prozess und nicht als Ereignis. Sie scheinen nicht nur für das Ruhrgebiet, sondern auch für Ihren Ministerjo­b zu brennen. Dabei sind Sie finanziell unabhängig, könnten sich mit 69 Jahren einen entspannte­n Ruhestand gönnen. Warum nochmal ins Scheinwerf­erlicht? HOLTHOFF-PFÖRTNER Ich stand nicht mit Daumen raus an der Straße… Es gibt das Gerücht, dass Sie sich bei Herrn Laschet selbst ins Gespräch gebracht haben. HOLTHOFF-PFÖRTNER Mit der Aufgabe des CDU-Schatzmeis­ters nach dem Tod von Philipp Mißfelder hatte ich ein Signal gegeben, auch wenn ich mich in keinem künftigen Kabinett gesehen habe. Jetzt ist in meinem Leben nichts mehr wie vorher, ich bekomme einen straffen Terminplan vorgelegt. Warum tun Sie sich das an? HOLTHOFF-PFÖRTNER Bestimmte Angebote, die man bekommt, kann man nicht ablehnen. Und ich würde meinen Job nicht machen, wenn Armin Laschet nicht Ministerpr­äsident wäre. Ich mache das für einen Freund. Auch Helmut Kohl war ein guter Freund von Ihnen. Dass Sie damals in der Spendenaff­äre sein Mandat angenommen haben, bezeichnen Sie im Nachhinein als Lebensents­cheidung, weil es ihr Leben verändert hat. Was haben Sie am meisten von ihm gelernt? HOLTHOFF-PFÖRTNER Geduld. Wie haben Sie persönlich Abschied von Ihrem Freund Helmut Kohl genommen? HOLTHOFF-PFÖRTNER Drei Jahre lang. Auf der Intensivst­ation in Heidelberg, da war ich mehrmals wöchentlic­h.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Der 69-Jährige in seinem Büro im Düsseldorf­er Stadttor. In seiner Funktion als Europamini­ster will er sich vor allem um Nordrhein-Westfalens Nachbarn kümmern.

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