Rheinische Post Emmerich-Rees

Der Zirkus ist in der Stadt

- VON ROBERT PETERS

Die furiosen Bundesliga-Starter von Borussia Dortmund empfangen heute in der Champions League Titelverte­idiger Real Madrid. Ein größeres Verspreche­n auf ein unterhalts­ames Fußballspi­el scheint derzeit kaum denkbar.

DORTMUND Das ist wirklich gemein. Kaum hat sich die Welt damit abgefunden, dass Real Madrid auch auf lange Sicht im Fußball das Maß der Dinge ist, da schickt der Fußballgot­t in all seiner unergründl­ichen Weisheit eine ausgewachs­ene Krise ins königliche Land. Nach sechs Spielen in der spanischen Liga liegt der Meister sieben Punkte hinter dem ewigen Konkurrent­en FC Barcelona. Nur ein mühsamer 2:1-Erfolg bei Deportivo Alaves verhindert­e ein weiteres Absacken in der Tabelle. Die wie immer bildschön aufgeregte­n spanischen Medien malen bereits das düstere Bild der Götterdämm­erung um den großen Zinedine Zidane an die Wand. Die Titel der jüngeren Vergangenh­eit, unter anderem zwei aufeinande­rfolgende Siege in der Champions League, werden gelassen unterschla­gen. Zidane bringt das allerdings nicht aus der Fassung. „Lasst uns in Ruhe“, sagte der Coach, der unlängst erst seinen Vertrag bis 2020 verlängert­e, „es kommen auch wieder bessere Zeiten.“

Das wird notwendig sein. Vielleicht sieht es schon heute Abend (20.45 Uhr) wieder ganz anders aus, und die kritische spanische Öffentlich­keit ergeht sich wieder in außerorden­tlichen Lobeshymne­n. Dazu müsste allerdings im ChampionsL­eague-Gruppenspi­el bei Borussia Dortmund zumindest mal ein positives Ergebnis her.

Dagegen haben in erster Linie die Dortmunder etwas. Sie gehen mit der Empfehlung des besten Bundesliga­starts ihrer Geschichte (sechs Siege, ein Gegentor), aber auch mit der Hypothek einer 1:3-Niederlage bei Tottenham Hotspur im ersten Gruppenspi­el in die Begegnung. „Wir müssen aus der Erfahrung des Tottenham-Spiels lernen“, sagt Borussias Trainer Peter Bosz. Bei den Briten wurden seiner Mannschaft Nachlässig­keiten in der Abwehrarbe­it zum Verhängnis. Ähnliche Fehler im Zweikampfv­erhalten wird Real sicher ebenfalls bestrafen.

In dieser taktischen Sparte ist der Titelverte­idiger ganz groß. Davon können beispielsw­eise die Bayern nach dem Ausscheide­n im Viertelfin­ale in der vergangene­n Serie ein garstiges Lied singen. Die Mittelfeld­strategen Toni Kroos und Luka Modric warten nur auf Einladunge­n zu präzise vorgetrage­nen Kontern. Sie haben auch die richtigen Partner für schnelle Gegenangri­ffe. Cristiano Ronaldo schminkt sich in zunehmende­m Alter publikumsw­irksame Mätzchen ab, er beschränkt sich immer häufiger auf seine ausgeprägt­en Qualitäten im Abschluss. Gelegentli­ch bleibt er im Spiel häufig mal unsichtbar, an seinen sagenhafte­n Trefferquo­ten hat das nichts geändert.

Sein bevorzugte­r Partner ist der Franzose Karim Benzema, der gern unterschät­zte Arbeiter in der Offensive. Er beherrscht die Kunst, die von Fußball-Sachverstä­ndigen mit dem anschaulic­hen Begriff belegt wird, er sei einer, der den Ball „vorne festmachen kann“. Benzema ist ein Zweikämpfe­r mit Blick für die Nebenleute und einer beachtlich­en Schusstech­nik. Noch plagt er sich aber mit einer leichten Verletzung herum. Sein Einsatz ist nicht gesichert.

Auf die Dynamik des brasiliani­schen Linksverte­idigers Marcelo muss Real in Dortmund auf jeden Fall verzichten. Er hat sich einen Muskelfase­rriss zugezogen und muss noch drei Wochen zuschauen. Das wird den Dortmunder Lukasz Piszczek besonders freuen, es erweitert die Entfaltung­smöglichke­iten für den Polen auf der rechten BVB-Defensivse­ite.

An Real haben die Westfalen ohnehin ganz gute Erinnerung­en. Sie blieben im vergangene­n Jahr, als beide Teams in der Gruppenpha­se aufeinande­r trafen, ungeschlag­en. Zweimal gab es ein 2:2 – beste Unterhaltu­ng inklusive. Dem steht auch heute erst einmal nichts im Wege. „Wir sind frisch“, versichert­e Dortmunds Trainer Bosz. Davon durften sich bedauernsw­erte Mönchengla­dbacher am Samstag überzeugen. Sie kassierten sechs Gegentreff­er. So schlimm wird’s Real nicht ergehen.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Manege frei für Kunststück­e in schwarz und gelb: Pierre-Emerick Aubameyang vollführt den Salto-Jubel nach einem seiner drei Tore am Samstag gegen Mönchengla­dbach. Teamkolleg­e Christian Pulisic gefällt so viel Körperbehe­rrschung.
FOTO: IMAGO Manege frei für Kunststück­e in schwarz und gelb: Pierre-Emerick Aubameyang vollführt den Salto-Jubel nach einem seiner drei Tore am Samstag gegen Mönchengla­dbach. Teamkolleg­e Christian Pulisic gefällt so viel Körperbehe­rrschung.

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