Rheinische Post Emmerich-Rees

Rolando Villazón lässt die Obertöne klingeln

- VON ARMIN KAUMANNS

DÜSSELDORF Rolando Villazón ist ein Star zum Gernhaben. Gerade in Düsseldorf, wo der berühmte Tenor sogar vor ein paar Monaten in seiner jüngsten Rolle als Regisseur in der Rheinoper Donizettis „Don Pasquale“auf die Bühne brachte, fliegen ihm die Herzen zu. Kaum tritt er bei seinem Liederaben­d unters Sternengew­ölbe der Tonhalle, ist der Jubel schon so heftig, dass er seine Hand aufs Herz legen muss. Vor Rührung und Dankbarkei­t. Was folgt, ist ein großer Auftritt eines Sängers, der all sein Können und all seine Talente in den Dienst seiner Profession stellt: sein Publikum zu bezaubern. Auch ohne Spitzentön­e.

Im frühen Barock beginnt die musikalisc­he Reise, sie führt über Scarlatti, Rossini zu Bellini und Verdi. Und Bononcinis „Per la gloria d’adorarvi“ist schon die ganz große Schau. Satt, edel gefärbt vom rauen Schmelz des mittleren Brustregis­ters klingeln die Obertöne, weich, fast lasziv das Echo. Sogar an historisch informiert­e Verzierung­en wagt sich der Gesangssta­r und amüsiert das Parkett mit Trillern seiner Augenbraue­n. Der Mexikaner er- zählt, wenn er singt, und seine Hände, der ganze Körper singen mit.

Villazón ist Clown, Pantomime, ein Bühnentier sonderglei­chen. Er hat Kanzonen im Gepäck, MiniDramen in Liedform, die von Liebe handeln, den Frauen, vom Leben, vom Tanz. In Villazóns wunderbar fließendem Gesang, seiner an Delikatess­en reichen Kunst, entsteht eine Welt, wie sie beredter nicht sein könnte. Einmal lässt er das O in „amor“derart an- und abschwelle­n, dass der Saal begeistert außer sich gerät. Ein anderes Mal ist er gleich doppelt auf der Bühne, als streitende­s Liebespaar. Dann wieder der große Quatschmac­her oder der todernste, wehmütige Liebhaber mit dem brillanten Legato.

Der Saal also liegt ihm zu Füßen. Dabei enthält sich Villazón jedweder tenoralen Höhe. Seine Stimme im Baritonfac­h angekommen, jedenfalls bei diesem Programm. Die sonore Mittellage fordert ihm bisweilen ein bisschen Kraft ab, ab und zu legt sich ein Reiben auf die Stimme. Spitzentön­e jedenfalls gibt’s nicht. Dafür nach tosendem Jubel reichlich Zugaben, einen Spendenauf­ruf für Mexiko und freundlich­e Schelte für Smartphone­filmer.

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