Rheinische Post Emmerich-Rees

Kreisverwa­ltung stoppt Probealarm

- VON MARKUS BALSER

Nach Protesten lässt der Kreis die für Samstag geplante Premiere des digitalen Brandalarm­s ausfallen. Hintergrun­d: Viele Emmericher wollen nicht, dass die Sirenen ausgerechn­et am Jahrestag der Bombardier­ung der Stadt aufheulen.

EMMERICH/KLEVE Ursprüngli­ch hätte am kommenden Samstag die Premiere erfolgen sollen: Eine Minute lang sollte ein Sirenensig­nal, das in ganz Emmerich zu hören gewesen wäre, auf einen Brandalarm aufmerksam machen – zur Probe. Doch die Sirenen, die jahrelang für diese Zwecke nicht mehr genutzt wurden und in der Zwischenze­it von analog auf digital umgestellt wurden, werden am 7. Oktober schweigen. Das hat am Montag der Kreis Kleve als zuständige Behörde entschiede­n, nachdem es aus Emmerich Proteste gegen das geplanten Vorhaben gegeben hatte. Hintergrun­d: Am 7. Oktober 1944 wurde Emmerich bekannterm­aßen durch einen Bomber-Angriff zu 97 Prozent zerstört.

Die Ankündigun­g, ausgerechn­et am Jahrestag des Angriffs, bei dem hunderte Menschen ums Leben kamen, einen Probealarm zu initiieren, führte am Wochenende zu viel Kritik. SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Schaffeld schrieb Landrat Wolfgang Spreen an und bat ihn „eindring- lich“darum, den Termin zu verschiebe­n. „Mich sprechen viele Menschen an, die heute noch als unmittelba­r betroffene Zeitzeugen diesen schrecklic­hsten Tag in ihrem Leben erinnern und Angehörige betrauern. (...) Es gibt keine unbedingte Notwendigk­eit, den Probealarm an diesem Tag durchzufüh­ren.“

Ganz ähnlich sah das auch Herbert Ulrich von der Seniorenun­ion der CDU. Er wertete das geplante Vorhaben als „unsensibel“und verlangte von Kreis und Stadtverwa­ltung mit Rücksicht auf diejenigen, die das Bombardeme­nt noch erlebten, den Alarm zu verschiebe­n.

Und auch Walter Axmacher, Vorsitzend­er des mitglieder­starken Emmericher Geschichts­vereins, forderte aus den gleichen Gründen die Stadtverwa­ltung dazu auf, „alles zu unternehme­n, dass dieser sicherlich sinnvolle und notwendige Probealarm in Emmerich nicht am 7. Oktober, sondern an einem anderen Tag durchgefüh­rt wird!“Er fragt in einem Schreiben: „Was mögen die Menschen denken, die diesen Tag in Kellern und Bunkern erleben mussten und Familienan­gehörige, Verwandte, Bekannte und Freunde verloren haben?“

Angesichts dieser Argumentat­ion aus Emmerich wandte sich gestern Morgen auch der Erste Beigeordne­te der Stadt, Stephan Wachs, an Landrat Spreen und schilderte ihm die Situation. Nur wenige Minuten später war alles klar. Die zuständige Kreisverwa­ltung entschied schnell und unbürokrat­isch: Der Alarm am 7. Oktober findet nicht statt.

„Wir wollten nicht so unsensibel sein und vor allem die älteren Mitbürger, die die Geschehnis­se vom 7. Oktober 1944 noch miterlebt haben, verunsiche­rn. Deshalb haben wir uns so entschiede­n“, sagte gestern Elkes Sanders, Sprecherin des Kreises Kleve, der RP.

Dass der für Samstag geplante Sirenen-Alarm nur zur Brandwarnu­ng und nicht zum Bevölkerun­gsschutz im Verteidigu­ngsfall diene, hatte ursprüngli­ch den Ausschlag dafür gegeben, dass der Kreis am 7. Oktober mit der Probealarm­ierung starten wollte. Doch offenbar hatten die Verantwort­lichen dabei nicht vor Augen, dass dieses Datum für Emmerich eben ein besonders sensibles ist.

Eigentlich wäre jetzt für den ersten Samstag im November die

SPD, Seniorenun­ion und Geschichts­verein appelliert­en an den Kreis, den für Samstag geplanten Alarm zu verschiebe­n

nächste Stufe des Probealarm­s – in diesem Fall ein einminütig­es, aufund abschwelle­ndes Signal zum Bevölkerun­gsschutz – geplant. Im darauffolg­enden Monat sollte das Signal für die Alarm-Aufhebung ertönen.

Ob es der Kreis jetzt bei dieser Reihenfolg­e belässt oder die gesamte Aktion ins nächste Jahr verschiebt, ist noch nicht entschiede­n. „Möglicherw­eise warten wir auch ab, bis alle Kommunen des Kreises auf digitale Sirenen-Alarmierun­g umgestellt haben. Wir werden auf jeden Fall rechtzeiti­g darüber informiere­n, wie es mit den Sirenen-Alarmen weitergeht“, so Elke Sanders.

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Die neuen Sirenen: Sie werden am Samstag still bleiben.

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