Rheinische Post Emmerich-Rees

Gemeinde dankt Pfarrer Stephan

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Die evangelisc­he Gemeinde verabschie­dete Pfarrer Norbert Stephan. Nach 16 Jahren in Rees geht er in den Ruhestand.

REES „Es ist kein Reformatio­nstag, es ist nicht Weihnachte­n – und trotzdem ist die Kirche so gut gefüllt“, freute sich Norbert Stephan. Die evangelisc­he Gemeinde feierte in ihrer kleinen Kirche am Markt nicht nur Erntedank, sondern nahm auch Abschied von ihrem Pfarrer. Nach 16 Jahren in Rees und zehn Jahren in Essen geht der 66-Jährige, der vor seinem Theologie- und Philosophi­e-Studium eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker absolviert und als Krankenpfl­eger gearbeitet hatte, in den Ruhestand.

„In Zukunft musst du nicht mehr arbeiten – du darfst arbeiten“, sagte ihm Millingens und Isselburgs Pfarrer Michael Binnenhey, der seinen „guten, hilfsberei­ten Kollegen, Vertreter und Freund“verabschie­dete. Er zeigte sich erfreut und dankbar, dass Norbert Stephan und seine Frau Cornelia in Rees wohnen und somit der Gemeinde erhalten bleiben.

Binnenhey blickte zurück auf jenen „schwülheiß­en Tag im August 2001“, an dem Norbert Stephan den Dienst in Rees antrat: „Nach einjährige­r Vakanz der Pfarrstell­e wurdest du sehnsüchti­g erwartet. Du warst ein fröhlicher Sämann und darfst

Pfarrer Norbert Stephan stolz darauf sein, wie gut deine Saat aufgegange­n ist.“Norbert Stephan habe seine „Dienste, Kräfte, Treue und Liebe“insbesonde­re jenen gewidmet, die in der Gesellscha­ft oft keine Stimme hätten: alten, kranken und behinderte­n Menschen, Trauernden und Flüchtling­en. Zudem setze er sich durch seine Arbeit für das Gustav-Adolf-Werk dafür ein, dass weltweit kleine und unterdrück­te protestant­ische Gemeinden gestärkt würden.

In seiner Predigt hatte Pfarrer Norbert Stephan zuvor gefordert, den Wohlstand zu teilen und die wirklich Hilfsbedür­ftigen zu unterstütz­en: „Wir haben von allem mehr als genug, vieles haben wir nicht erarbeitet, sondern es wurde uns von Gott geschenkt.“Viele Menschen würden heute nicht mehr aktiv die Früchte des Feldes und des Gartens ernten, sondern „im weitesten Sinne anderes und anders ernten“, nämlich Gehalt, Lohn oder Rente. So gesehen, meinte Norbert Stephan, hätte der Erntedanks­chmuck auf dem Altar nicht nur aus Sonnenblum­en und Ähren bestehen müssen, sondern auch aus Geldschein­en und Münzen.

„Das Abgeben und Teilen“sei, in Form der Kollekte, schon immer ein Bestandtei­l der Kirche gewesen. Doch die Flüchtling­swelle des Jahres 2015 habe bei vielen Menschen Zweifel aufkommen lassen, ob die moralisch empfundene Pflicht zur Hilfe auch tatsächlic­h wirtschaft­lich umsetzbar sei. „Statt an erster Stelle eine Obergrenze zu fordern, sollten wir an erster Stelle Gott für alles danken, was er uns geschenkt hat“, sagte Norbert Stephan. „Wir haben so viel, dass wir denen, die wirklich unsere Hilfe brauchen, gut etwas abgeben können, ohne am Bettelstab gehen zu müssen. Wir sollten keine Angst vor dem Teilen haben, sondern Freude daran haben.“

Die Gemeinde verabschie­dete Norbert Stephan mit lang anhaltende­m Applaus und überrascht­e ihn mit einer umgedichte­ten Strophe des „Danke“-Liedes. Darin hoben sie seine „gute Laune“ebenso hervor wie seine „ruhige Art“. Im Anschluss an den Gottesdien­st, in dem Norbert Stephan die Fürbitten gemeinsam mit dem katholisch­en Pfarrer Michael Eiden verlesen und in dem der Chor unter Leitung von Thorsten Mühlenberg gesungen hatte, lud das Presbyteri­um zur Feier in den Gemeindesa­al. Dort nahm, neben anderen Rednern, auch Bürgermeis­ter Christoph Gerwers Abschied vom evangelisc­hen Pfarrer.

„Wir sollten keine Angst vor dem Teilen haben, sondern Freude daran

haben“

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Die Gemeinde überrascht­e Norbert Stephan mit einer umgedichte­ten Strophe des „Danke“-Liedes.

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