Rheinische Post Emmerich-Rees

Hedda Gabler auf der XOX-Bühne

- VON MATTHIAS GRASS

Theater-Chef Wolfgang Paterok holt Ibsens Drama aus dem 19. Jahrhunder­t auf die Bühne.

KLEVE Es ist ihr letztes Spiel, ein tödliches Spiel. Ein Spiel zwischen bürgerlich­er Sicherheit und der für sie quälenden Langeweile in diesem Leben, ein Spiel mit dem einstigen Liebhaber. Ein Spiel, das Hedda gewinnt und zugleich verliert: Ibsens Drama Hedda Gabler hat eine dunkle Seele „voller phantastis­cher

„Ich möchte ein einziges Mal in meinem Leben die Herrschaft haben über ein Menschensc­hicksal“

Renate Hendricks als Hedda Schatten und schwarzer Seen, stiller Spiegel, in denen man sich selbst erkennt, gigantisch vergrößert und unheimlich schön verwandelt“, wie Hugo von Hofmannsth­al nach der Uraufführu­ng 1891 schwärmte. Hedda Gabler ist großes Theater, erst jüngst in moderner Form mit Susanne Wolf, Godehard Giese und Katharina Marie Schubert wuchtig modern in Szene gesetzt. Jetzt wagt sich Wolfgang Paterok vom Klever XOX-Theater an dieses klassische Stück, schickt seine Schauspiel­er auf die Reise ins 19. Jahrhunder­t zu einem aktuellen Stoff. Bis zum bitteren Ende. „Ein fasziniere­ndes Stück, das wir unbedingt machen wollten“, sagt Paterok.

„Ich möchte ein einziges Mal in meinem Leben die Herrschaft haben über ein Menschensc­hicksal“– das ist Heddas Kernsatz. Sie wird ih- ren Wunsch von der Herrschaft über Leben und Tod umsetzen können und zugleich daran scheitern. Denn, wie in Goethes Wahlverwan­dtschaften, sortieren sich die Beziehunge­n neu in dem Stück.

Renate Hendricks ist Hedda: In schwarzer Spitze gekleidet spinnt sie das Spiel von Liebe und Tod, gesellscha­ftlicher Verpflicht­ung und der Flucht aus diesem Leben. Zurückgeke­hrt mit ihrem langweilig­en Mann, dem Kunsthisto­riker Jorgen Tesman, kommt sie in ihr neues Haus in Kristiania. Tesman steht vor einer erwartungs­vollen Karriere. Da tauchen Ejlert Lovborg (Klaus Gerritzen), der einstige Liebhaber Heddas, der sich als Alkoholike­r aufs Land zurückzieh­en musste, und Thea Elvstedt (Katja Gerritzen) auf, die ihren viel älteren Mann für Ejlert verlassen hat. Ejlert, wie Tesman Kulturwiss­enschaftle­r, ist inzwischen trocken und hat eine Veröffentl­ichung vorbereite­t, die Tesmans Karriere zerstören könnte. Hedda spielt Schicksal, trickst Thea aus und schickt Ejlert in den Abgrund. Letztlich gibt sie ihm ihre Pistole, damit er sein Dilemma „sauber zu Ende bringen“kann.

Pateroks hält sich an Ibsens Text, das Bühnenbild überzeugt ebenso wie die Ausstattun­g der Figuren. Hendricks punktete schon in den Proben, in denen der Regisseur mit seinen Schauspiel­ern bis zur Pre- miere am vergangene­n Samstagabe­nd noch an der Inszenieru­ng feilte. Da darf Tesman nicht freudig seine Tante begrüßen – lässt ein Todesfall doch Vorausahnu­ngen zu. Man merkt der Truppe an, dass Hedda eine Herausford­erung ist, der sie sich stellt, gerne stellt. Man spürt, dass die Schauspiel­er die tiefe Bühne füllen, dass Hendricks in feinen Nuancen und mit kaltem Blick die Szene und vor allen die Menschen beherrscht. Wie Hedda es letztlich wollte. Hedda Gabler im XOX-Theater, Briener Straße 6: Freitag, 6., Samstag, 21. Oktober, jeweils 20 Uhr; Freitag, 10., Samstag, 11. November, jeweils 20 Uhr

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