Rheinische Post Emmerich-Rees

Spaniens König Felipe vergibt eine Chance

- VON MATTHIAS BEERMANN

Bei seiner scharfen Kritik an der katalanisc­hen Regionalre­gierung hat der spanische König sich im Tonfall vergriffen. Dabei hätte er mit etwas Empathie die Situation durchaus entspannen können.

BARCELONA Normalerwe­ise wendet sich der spanische König nur an hohen Feiertagen direkt an sein Volk. Aus der Politik hält er sich ganz heraus, das ist laut Verfassung auch so vorgesehen. Schon allein deswegen bekam die Fernsehans­prache, mit der sich Felipe VI. am Dienstagab­end erstmals öffentlich zur Lage in Katalonien äußerte, ein ganz besonderes Gewicht. Dass er dabei eine unglücklic­he Figur machte, ist damit umso schwerwieg­ender.

Wer erwartet hatte, Felipe würde in die Rolle des gütigen Landesvate­rs schlüpfen, der den brandgefäh­rlichen Streit um die katalani- sche Unabhängig­keit zu schlichten sucht, der wurde schnell eines Besseren belehrt. Der 49-Jährige schlug sich unzweideut­ig auf die Seite der spanischen Zentralreg­ierung und wies die Schuld für die verfahrene Situation allein der katalanisc­hen Regionalre­gierung zu. „Unverantwo­rtliches Verhalten“warf er ihr vor, sie bewege sich außerhalb des Gesetzes und bedrohe die Stabilität Katalonien­s und ganz Spaniens.

In der Sache lässt sich dem Monarchen kaum widersprec­hen: Das Handeln der in Barcelona regierende­n Nationalis­ten um Regierungs­chef Carles Puigdemont ist unbestreit­bar illegal und verstößt gegen die spanische Verfassung, als deren Garant sich der König versteht. Von Felipe zu erwarten, dass er die Ziele der katalanisc­hen Separatist­en gutheißt, wäre also unrealisti­sch. Ebenso abwegig ist auch die Rolle eines politische­n Vermittler­s, für die der König ins Gespräch gebracht wurde. Felipe ist der Verfassung verpflicht­et, der auch die Katalanen nach der Franco-Diktatur mit großer Mehrheit zugestimmt haben. Das lässt nicht viel Spielraum für Sympathien gegenüber einer Sezession.

Trotzdem hat der Monarch mit seiner harschen Ansprache die Chance verpasst, die Situation wenigstens zu entspannen. Immerhin ist er eine der wenigen moralische­n Autoritäte­n Spaniens, dessen politi- sche Klasse vielen Bürger als diskrediti­ert gilt. Felipe ist es seit seiner Amtsüberna­hme 2014 gelungen, das unter seinem Vater Juan Carlos in die Negativsch­lagzeilen geratene Königshaus wieder sehr populär zu machen. Gemeinsam mit seiner Frau Letizia steht er für ein modernes und weltoffene­s Spanien.

Dass Felipe nicht wenigstens versucht hat, mit einigen Worten des Bedauerns über die Opfer der harten Polizeiein­sätze eine Brücke zwischen den Lagern zu bauen, ist auch für ihn selbst und die Monarchie gefährlich. Er riskiert nun, dass selbst jene Katalanen, die mit einer Unabhängig­keit nichts am Hut haben, ihn als Staatsober­haupt ablehnen.

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