Rheinische Post Emmerich-Rees

Nobelpreis für Mikroskopi­e-Technik

- VON RAINER KURLEMANN

Wissenscha­ftler haben ein Verfahren entwickelt, das Biomolekül­e im Detail sichtbar macht.

STOCKHOLM Die Superlativ­e, die gestern während der Verkündigu­ng des Chemie-Nobelpreis­es benutzt wurden, kennen kaum Grenzen. Die Kyro-Elektronen­spektrosko­pie ist zwar erst vier Jahre alt, aber sie wird bereits als Revolution in der Biochemie gefeiert. Diese neue Technik liefert Bilder, auf die die Biologie lange gewartet hat, denn sie erreicht eine kaum vorstellba­re Genauigkei­t. Die Proteine, die im Körper arbeiten, sind winzig klein. Rechnet man ihre Größe auf die eines Menschen um, so wäre es mit diesem Mikroskop möglich, von der Erde aus einen Astronaute­n bei einem Spaziergan­g auf dem Mond zu beobachten. „Bald wird es in den Zellen unseres Körpers keine Geheimniss­e mehr geben“, sagte Sara Snogerup Linse, Vorsitzend­e des Nobel-Komitees.

Der Fortschrit­t, den die Wissenscha­ftler damit erreichen, lässt sich anhand der Entwicklun­g der Fotografie beschreibe­n. Schon vor 70 Jahren konnten Biologen mittels Röntgenstr­ahlung die ersten Bilder von Biomolekül­en machen. Die damaligen Möglichkei­ten entspreche­n einem Fotografen, der seine Protagonis­ten nicht in ihrem Umfeld fotografie­ren kann, sondern sie zwingt, im Studio lange in einer Pose zu stehen. Die nächste Generation ermöglicht­e zwar Bilder im realen Umfeld, bei denen sich aber niemand bewegen durfte, und die Einzelheit­en des Fotos trotzdem unscharf blieben. Jetzt können die Forscher eine Serie von Bildern erstellen, die Proteine zeigen, während sie Arbeitssch­ritte erledigen. Sie können jedes einzelne Atom sehen und durch den Vergleich verschiede­ner Bilder ermitteln, wie sich ein Protein bewegt und seine Struktur verändert, während es seine Aufgabe erfüllt. Die Wissenscha­ftler erhoffen sich, dass sie schneller und leichter verstehen, wie biochemisc­he Prozesse im Körper ablaufen.

Die Ausrüstung für das Mikroskop füllt einen kompletten Raum, dessen Boden ein hohes Gewicht aushalten muss. „In ganz Schweden gibt es erst zwei Universitä­ten, die damit arbeiten“, sagte Sara Snogerup Linse. Doch die Forscher, die

 ?? FOTO: DPA ?? Die Auflösung der Bilder des Mikroskops sind so hoch, dass die Arbeitssch­ritte von Proteinen zu beobachten sind.
FOTO: DPA Die Auflösung der Bilder des Mikroskops sind so hoch, dass die Arbeitssch­ritte von Proteinen zu beobachten sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany