Rheinische Post Emmerich-Rees

Brüssel will Mehrwertst­euer radikal reformiere­n

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STRASSBURG (dpa) Wegen grassieren­den Steuerbetr­ugs schlägt die EU-Kommission eine grundlegen­de Reform des Mehrwertst­euersystem­s in Europa vor. Künftig soll auch bei grenzübers­chreitende­m Handel zwischen Unternehme­n in unterschie­dlichen EU-Staaten Mehrwertst­euer erhoben werden, wie die Brüsseler Behörde mitteilte. Diese Transaktio­nen sind derzeit von der Steuer ausgenomme­n. Nach Angaben der EU-Kommission gehen den EU-Staaten durch Steuerverm­eidung, Betrug und Insolvenze­n Einnahmen von mehr als 150 Milliarden Euro jährlich verloren. Allein durch grenzübers­chreitende­n Mehrwertst­euerbetrug entgehen den öffentlich­en Kassen demnach etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr.

Beim Mehrwertst­euerbetrug kaufen Firmen Güter in einem anderen Land, ohne dass Mehrwertst­euer berechnet wird. Wenn die Waren dann weiterverk­auft werden, schlagen die Betrüger Mehrwertst­euer auf den Preis auf. Anstatt den Betrag an die Behörden abzuführen, kassieren sie ihn. Teils werden für diese Art Betrug Scheinfirm­en genutzt.

Dem Vorschlag zufolge sollen fortan die Steuerbehö­rden des Ursprungsl­andes die Mehrwertst­euer erheben, dabei aber den Mehrwertst­euersatz des Ziellandes berechnen. Die eingesamme­lte Summe soll dann an die Behörden des Lan- des überwiesen werden, in dem die Güter letztlich genutzt beziehungs­weise konsumiert werden.

„25 Jahre nach der Schaffung des Binnenmark­ts sehen sich Unternehme­n und Bürger, die grenzübers­chreitende­n Geschäften nachgehen möchten, noch immer 28 unterschie­dlichen Mehrwertst­euersystem­en gegenüber“, sagte EUKommissa­r Pierre Moscovici. In Ungarn beträgt etwa der normale Satz 27 Prozent und liegt damit am höchsten. Deutschlan­d verlangt 19, Luxemburg mit 17 Prozent am wenigsten. Daneben haben viele Länder reduzierte Sätze.

Das Erheben einzelner Steuern und die Festsetzun­g der Sätze liegt in der Kompetenz der Nationalst­aaten. Brüssel kann allerdings Vorschläge zur Gestaltung der Rahmenbedi­ngungen machen. Damit die Vorschläge Gesetz werden können, müssten die EU-Staaten einstimmig zustimmen.

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