Rheinische Post Emmerich-Rees

Die Eigenverwa­ltung ist ein gängiges Instrument, um Unternehme­n in der Krise zu sanieren und zu erhalten. Doch nicht alle Verfahren sind erfolgreic­h, und Insolvenzp­raktiker kennen auch die Schwachste­llen.

- VON PATRICK PETERS

Das Gesetz zur weiteren Erleichter­ung der Sanierung von Unternehme­n, kurz als ESUG bekannt, hat in diesem Jahr seinen fünften Geburtstag gefeiert. Grund genug für die Teilnehmer des vierten RPWirtscha­ftsforums „Insolvenz & Sanierung“, das ESUG und das damit verbundene Sanierungs­instrument der Eigenverwa­ltung ausgiebig zu diskutiere­n. „Die Eigenverwa­ltung hat sich bewährt und ist in der Sanierungs­praxis und bei den Unternehme­n angekommen. Es ist politisch gewollt, dass die Insolvenz ihren Makel verloren hat“, sagt Insolvenzv­erwalter Georg F. Kreplin (Kreplin & Partner). Dr. Paul Fink (FRH Rechtsanwä­lte) ist der gleichen Auffassung: „Durch die Eigenverwa­ltung ist in den Fokus gerückt, dass Scheitern eine Chance sein kann. Das Vertrauen ist gestiegen, dass es trotz Insolvenz weitergeht.“

Robert Buchalik, der mit seiner Kanzlei Buchalik Brömmekamp bereits mehr als 100 Eigenverwa­ltungsverf­ahren durchgefüh­rt hat, betont, dass die Eigenverwa­ltung trotz aller Kritik zu einem höheren Gläubigere­influss geführt habe. „Der Berater steht unter hohem Druck der Gläubiger und muss Ergebnisse liefern. Ebenso ist die Transparen­z gestiegen.“Dr. Dirk Andres, der mit seiner Kanzlei AndresPart­ner zwei bis drei große Unterneh- men pro Jahr bei ihren Eigenverwa­ltungen begleitet, ist der Meinung, dass es Verfahren gibt, bei denen oftmals schon bei der Antragstel­lung nicht richtig hingeschau­t wird, ob die Eigenverwa­ltung überhaupt funktionie­ren kann. „Gläubiger hinterfrag­en die Verfahren selten, und Gläubiger ohne profession­elle Beratung sind mit der Komplexitä­t überforder­t. Daher sollte das System im Rahmen der aktuellen Evaluierun­g dahingehen­d angepasst werden, dass die Interessen aller Gläubiger besser beachtet werden.“

Dr. Marco Wilhelm (Mayer Brown) weist auf eine Verfahrens­profession­alisierung im Rahmen des ESUG hin. Vor allem müsse man dies vor dem Hintergrun­d der Globalisie­rung und dem Wettbewerb der Rechtsordn­ungen sehen. „Die Unternehme­n und Gläubiger können dadurch oft eine bessere Analyse aller Optionen vornehmen und die geeignete Lösung finden.“Als „Verfechter des ESUG“präsentier­t sich auch Dr. Matthias Kampshoff (McDermott Will & Emery). Auch er weist auf eine größere Profession­alisierung der Verfahren hin und stellt sie auf ein vergleichb­ares Niveau mit anderen Jurisdikti­onen. Er sagt aber auch: „Die Eigenverwa­ltung sollte immer fallbezoge­n eingesetzt werden und ist nicht immer geeignet.“Hingegen kritisiert Urs Breitsprec­her (Mütze Korsch), dass Insolvenzv­erwalter als Sachwalter in manchen Verfahren versuchten, die Eigenverwa­ltung zu konterkari­eren.

Dieser Kritik schließt sich auch Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht (von der Fecht) an: „Das ESUG ist sehr schuldnerf­reundlich. Es gab auch schon Unternehme­r, die sich auf diesem Weg missbräuch­lich ihrer Schulden entledigen wollten. Diese Ausnahmen dürften aber nicht darüber hinwegtäus­chen, dass das ESUG als echtes Sanierungs­instrument sehr interessan­t ist.“Und auch Georg F. Kreplin kritisiert die mangelnde Kontrollfu­nktion und betont, dass die Fragen, ob ein Verfahren überhaupt eigenverwa­ltungsfähi­g und sinnvoll im Vergleich zur Regelinsol­venz sei, manchmal intensiver geprüft werden müssten. „Das ESUG stellt einen gut ausgestatt­eten Werkzeugka­sten zur Verfügung. Aber nicht alle Verfahren sind gleich, sodass die Eigenverwa­ltung sich auch nicht immer anwenden lässt“, fügt Dr. Marc d’Avoine von d’Avoine Teubler Neu Rechtsanwä­lte hinzu.

Ein Thema für die Teilnehmer: die Rolle der Gerichte. „Das ESUG ist ein Gesamtvoll­streckungs­verfahren unter staatliche­r Aufsicht, aber viele

„Der Berater steht unter hohem Druck der Gläubiger

und muss Ergebnisse liefern“

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Die Experten werten Chancen und Grenzen des Instrument­s der Eigenverwa­ltung durchaus differenzi­ert.

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