Sanierung statt Zerschlagung
Vor fünf Jahren hat der Gesetzgeber die Sanierung von Unternehmen in Eigenverwaltung erleichtert. So bekommen Unternehmer die Chance, ihre Firmen zu erhalten. Trotzdem beantragen immer noch viele Unternehmer eine klassische Regelinsolvenz.
Eine Insolvenz bedeutet in der Regel das Aus für die betroffenen Unternehmen – oder den Verkauf. Am Ende steht der Unternehmer, der seine Firma oft mit viel Einsatz und Herzblut aufgebaut hat, in den meisten Fällen mit leeren Händen da. Die Alternative zu diesem Szenario ist eine Sanierung unter Insolvenzschutz. Um diese Möglichkeit zu fördern, hat der Gesetzgeber im Herbst 2012 das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (kurz: ESUG) verabschiedet. Am 1. März 2012 ist das Gesetz in Kraft getreten. Wichtigster Punkt beim Eigenverwaltungsverfahren: Die bisherige Geschäftsführung bleibt im Amt. Es ist also ein Insolvenzverfahren ohne Insolvenzverwalter. Anders als bei einer Regelinsolvenz soll das Unternehmen dem Unternehmer erhalten werden. „Ziel der Reform ist es, die Sanierungschancen in Deutschland zu verbessern, Schuldner und Gläubiger in den Sanierungsprozess gleichermaßen einzubeziehen, allen Beteiligten eine größere Planungssicherheit hinsichtlich des Verfahrensablaufs zu geben, sowie das Insolvenzplanverfahren zu fördern“, erklärt Robert Buchalik von der Düsseldorfer Rechts- und Unternehmensberatung Buchalik Brömmekamp.
Nach Einführung des Gesetzes habe die Eigenverwaltung nach anfänglichen Schwierigkeiten große Zustimmung in der Wirtschaft gefunden, so Buchalik. Im vergangenen Jahr seien von den 100 größten Insolvenzverfahren in Deutschland bereits knapp 70 Prozent Eigenverwaltungsverfahren gewesen. „Doch immer noch ziehen viele Unternehmer ein Regelinsolvenzverfahren vor, weil sie Irrtümern unterliegen“, sagt Robert Buchalik, der fünf wesentliche Fehleinschätzungen zurechtrückt.
Erster Irrtum: Bei einer Zahlungsunfähigkeit ist keine Eigenverwaltung möglich
„Viele Unternehmer glauben, weil sie zahlungsunfähig sind, könnten sie nicht in ein Eigenverwaltungsverfahren. Diese Auffassung ist unzutreffend“, so Robert Buchalik. Das Gesetz unterscheide stattdessen zwei Möglichkeiten einer Sanierung in Eigenverwaltung, nämlich die vorläufige Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren. Bei der vor- läufigen Eigenverwaltung sei eine Eigenverwaltung auch dann möglich, wenn Zahlungsunfähigkeit vorliege. „Nur beim Schutzschirmverfahren darf die Zahlungsunfähigkeit noch nicht vorliegen“, so Buchalik. 95 Prozent aller Eigenverwaltungsverfahren sind deshalb vorläufige Eigenverwaltungsverfahren nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit und nicht Schutzschirmverfahren.
Zweiter Irrtum: Die Eigenverwaltung ist kein Insolvenzverfahren
Auch bei der Eigenverwaltung handelt es sich um ein Insolvenzverfahren, allerdings ohne Insolvenzverwalter. Die Rolle des früheren Insolvenzverwalters nimmt der bisherige Geschäftsführer und/oder Gesellschafter ein. Er unterliegt lediglich der Aufsicht eines Sachwalters. Das müsse man sich bildlich so vorstellen: „Der Insolvenzverwalter sitzt auf der Trainerbank, der Sach- walter nur auf der Tribüne. Der Sachwalter hat lediglich Kontroll- und Aufsichtsrechte, er hat keine unmittelbaren Eingriffsbefugnisse“, erklärt Robert Buchalik.
Dritter Irrtum: Im Regelinsolvenzverfahren bleibt das Unternehmen dem Unternehmer erhalten
Ziel des Eigenverwaltungsverfahrens ist es, zu verhindern, dass der Unternehmer sein Unternehmen verliert. Das Regelinsolvenzverfahren dagegen endet äußerst selten mit einem Erhalt des Unternehmens für den Unternehmer. „Sofern es überhaupt eine Fortführungslösung gibt, dann in Form eines sogenannten Asset Deals. Dabei kann der Altgesellschafter das Unternehmen erwerben. Dafür fehlen ihm aber meist die Mittel“, so Robert Buchalik. Deshalb geht es in fremde Hände und dem Unternehmer entstehen Haftungsrisiken. „Mit einem Eigenverwaltungsverfahren kann er das weitgehend verhindern“, so Buchalik.
Vierter Irrtum: Eigenverwaltungsverfahren sind teurer als Regelverfahren
Zwar fallen in der Eigenverwaltung zusätzliche Beratungskosten an, die in der Regelinsolvenz nicht bestehen. „Doch die Aufwendungen für den Insolvenzverwalter in der Regelinsolvenz sind um ein Mehrfaches höher als die Kosten für den Sachwalter in der Eigenverwaltung“, rechnet Ro- bert Buchalik vor. So werde der Nachteil der Beratungskosten bei der Eigenverwaltung kompensiert. Zudem werde dem Unternehmer im Regelfall auch noch ein komplettes Sanierungskonzept geliefert, auf dem er aufsetzend sein Unternehmen neu ausrichten kann.
Fünfter Irrtum: Eigenverwaltungsverfahren sind selten erfolgreich
Die Durchführung eines Eigenverwaltungsverfahrens durch einen Berater ist eine hoch komplexe Angelegenheit. Nur ganz wenige Profis in Deutschland verstehen ihr Geschäft. „Eine relativ hohe Zahl gescheiterter Verfahren ist in der Regel auf die fehlende Kompetenz des jeweiligen Beraters zurückzuführen. Buchalik Brömmekamp hat seit der Reform 2012 weit über einhundert Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung begleitet. Unsere Erfolgsquote liegt bei über 90 Prozent“, sagt Robert Buchalik.