Rheinische Post Emmerich-Rees

Bewerberfl­ut bei der Polizei

- VON JAN DREBES

Polizeijob­s werden immer beliebter, die Länder kämpfen um die Talente.

BERLIN Die Polizei verzeichne­t bundesweit einen Ansturm auf freie Polizeiste­llen. Spätestens seit den Vorfällen der Kölner Silvestern­acht von 2015 auf 2016 wollen die Innenminis­ter nach Jahren des Abbaus wieder aufstocken. Dabei besteht ein deutlicher Überschuss bei Bewerbunge­n, wie eine Abfrage unserer Redaktion bei allen Ländern ergab.

Demnach gab es von SchleswigH­olstein bis Bayern in diesem Jahr rund 12.600 neue oder geplante Einstellun­gen bei mehr als 87.000 Bewerbunge­n. 2014 wurden nur gut 7500 Polizisten in den Ländern eingestell­t, damals gingen bundesweit noch knapp 77.700 Bewerbunge­n ein. In Berlin gab es in diesem Jahr mit Abstand am meisten Bewerbunge­n: Mehr als 18.000 Schreiben wurden für die rund 1300 freien Stellen registrier­t. Danach folgt Bayern mit etwa 10.500 Bewerbunge­n auf 1500 Stellen. Aus Baden-Württember­g lagen noch keine Daten vor, wo auch rund 1400 Einstellun­gen geplant sind. Jedoch besetzte zuletzt kein Land so viele Stellen wie NRW. 2300 Polizisten wurden an Rhein und Ruhr 2017 eingestell­t, 9373 Bewerbunge­n gingen dafür ein.

Angesichts dieser Lage betonten alle Länder, bei den Bewerbunge­n aus dem Vollen schöpfen zu können. Auch in den vergangene­n Jahren hätten alle geplanten Stellen besetzt werden können, hieß es unisono. Das steht im Kontrast zu vergangene­n Meldungen, wonach einzelne Länder durchaus Schwierigk­eiten bei der Neubesetzu­ng hatten und teils ihre Aufnahmean­forderunge­n nach unten korrigiere­n mussten. Tatsächlic­h geben auch jetzt Mecklenbur­g-Vorpommern, Sachsen und Thüringen an, Standards gesenkt zu haben, meist jedoch nur im obligatori­schen Sporttest als Zugang zum Auswahlver­fah- ren. So müssen etwa weniger Liegestütz­e absolviert werden, teils entfielen Vorschrift­en zur Mindestkör­pergröße. Ungeachtet dessen warnt die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) nun vor Missstände­n. „Auch wenn die Bewerberza­hlen zuletzt gestiegen sind und die Anzahl der geplanten Einstellun­gen bei weitem überschrei­ten, steht die Polizei in fast allen Ländern vor ernsten Personalpr­oblemen“, sagte GdP-Chef Oliver Malchow und fügte hinzu: „Der Anteil qualifizie­rter Bewerber sinkt bundesweit, das wird uns immer wieder aus den Ländern gemeldet.“

Um bis 2021 die in Ruhestand gehenden Beamten zu ersetzen, seien mindestens 20.000 Polizisten nötig. Zudem sorge der Wettbewerb bei der Bezahlung und Ausstattun­g für ein Ungleichge­wicht bei der Sicherheit der Bürger in Deutschlan­d. „Ich erwarte von allen Parteien, jetzt auch zu ihren Zusagen aus dem Wahlkampf zu stehen“, so Malchow.

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