Rheinische Post Emmerich-Rees

Apples Tischler kommt aus Westfalen

- VON FLORIAN RINKE

Der kalifornis­che Weltkonzer­n ist wichtigste­r Kunde des Familienun­ternehmens Dula aus Dortmund. Ein Duo, das gut zueinander passt.

DORTMUND Der Fernseher steht schief, und das ärgert Heinz-Herbert Dustmann. Er mag es, wenn die Dinge symmetrisc­h sind, selbst wenn es nur um den Bildschirm für eine Präsentati­on geht. Also steht er auf, dreht das Gerät leicht und setzt sich zufrieden wieder hin.

Tim Cook

Symmetrie, Form, Optik – es ist das Auge fürs Detail, das in Dortmund-Hombruch so wichtig ist. Das 1953 von Dustmanns Vater als Designbüro gegründete Unternehme­n Dustmann Ladenbau (Dula) sorgt weltweit für Wohlfühlat­mosphäre – in Kaufhäuser­n, in Konzernzen­tralen, auf Kreuzfahrt­schiffen.

Die Kundenlist­e ist so exquisit wie die Möbel, die Dula an acht Standorten in Deutschlan­d, Spanien und Russland produziert. Für Bayer, Zara, H&M sowie die Luxuslabel­s Chanel und Louis Vuitton hat Dula gearbeitet, ebenso für BMW oder die Meyer-Werft. Rund 160 Millionen Euro setzten die Dortmunder mit mehr als 1000 Mitarbeite­rn um.

Dustmann zeigt Bilder von Projekten auf dem Fernseher. Zwischendu­rch wirft er einen Blick auf sein Handy – ein iPhone. Natürlich. Apple ist der wichtigste Kunde. Für die Kalifornie­r fertigt Dula die langen Verkaufsth­eken. Auch der Schreibtis­ch von Apple-Chef Tim Cook in der neuen Zentrale in Cupertino wird aus den Dula-Werkstätte­n im Münsterlan­d stammen. „Es gibt nichts Vergleichb­ares mit deutscher Handwerksk­unst“, lobte Cook die Dula-Produkte zuletzt. Seit mehr als zehn Jahren arbeiten beide Unternehme­n zusammen.

Dula und Apple passen gut zueinander, trotz großer Gegensätze – hier die kleine deutsche Familienfi­rma, dort der Weltkonzer­n aus dem Silicon Valley. Beide eint die Ganzheitli­chkeit ihrer Arbeit. Bei Apple ist es das Zusammensp­iel von Software und Hardware, bei Dula geht es um die Harmonie von Möbeln, Licht und Raum. Es sei ein ganzheitli­cher Ansatz, sagt Dustmann.

Das scheint auch für sein Leben zu gelten. Mit zwölf habe er seinem Vater gesagt, dass er das Unternehme­n weiterführ­en wolle. Mit 16 verbrachte er die Hälfte seiner Ferien in den Werken der Familie. Später machte er eine Ausbildung zum Tischler, eine als Industriek­aufmann, schloss ein BWL-Studium an. Die Handwerksa­rbeit hat ihm Spaß gemacht, sein Gesellenst­ück, einen Sekretär aus Palisander, hat er noch.

Weniger Spaß machte Dustmann das frühe Aufstehen. Doch eine Sonderbeha­ndlung gab es für den Sohn des Chefs nicht: „Ich habe während der Montage mit vier Leuten in einem Zimmer geschlafen und wie sie bis ein Uhr nachts gearbeitet, um am nächsten Morgen um sieben wieder auf der Baustelle zu stehen.“

Schon früh begleitete Dustmann seinen Vater nach Japan, Polen und Australien: „Ich habe damals oft die Übersetzun­g für ihn übernom- men.“Oft hätten sie abends über Termine gesprochen – nicht wie Vater und Sohn, sondern wie Geschäftsf­ührer und Berater. „Mein Vater hat meinem Bruder und mir früh Verantwort­ung übertragen und uns immer vertraut“, sagt Dustmann. Sogar, als er in Spanien studierte und dort in einem Dula-Werk der Direktor gehen musste: „Ich habe angeboten einzusprin­gen.“

1990 übernimmt er die Geschäfte bei Dula komplett. Sein Vater hatte eine Altersgren­ze in den Gesellscha­ftervertra­g schreiben lassen. „Mit 65 muss man den Schreibtis­ch räumen“, sagt Dustmann, der diesen Geburtstag im Mai feierte. Er lacht: „Die Klausel haben wir gestrichen.“Dabei hat er ohnehin genug zu tun. Immerhin ist der Dortmunder gleichzeit­ig Präsident der Industrie- und Handelskam­mer. Doch die Arbeit macht ihm noch zu viel Spaß; Dula befindet sich im Umbau.

„Ich glaube an die Zukunft von stationäre­n Einzelhand­elsgeschäf­ten mit breit aufgestell­tem und gleichzeit­ig tiefem Produktsor­timent – wenn es richtig gemacht wird“, sagt Dustmann. Karstadt und Kaufhof böten ihren Kunden heute aber nicht mehr genug Erlebnis. Dabei sei es genau das, was Kaufhäuser vom Internet unterschei­den könne. Deshalb macht Dustmann aus einem Dula-Warenhaus, das mal eine Karstadt-Filiale war, ein Kaufhaus der Zukunft. „Wir sind der einzige Ladenbauer, der seinen Kunden nicht nur sagen kann, dass er ihre Probleme kennt“, sagt Dustmann und lacht: „Wir haben sie selbst.“

In Dortmund experiment­ieren sie beispielsw­eise mit RFID-Chips:

„Es gibt nichts Vergleichb­ares mit deutscher Handwerksk­unst“

Wenn ein Kleidungss­tück von einem Regalbrett genommen wird, registrier­t der Chip dies. Die Möbelstück­e machen permanent Inventur in Echtzeit. Das gebe es als ganzheitli­ches Konzept noch nicht, sagt Dustmann: „Wir wollen zeigen, was möglich ist.“Auch in den Schreinerw­erkstätten setzt Dula auf Digitalisi­erung. Roboter gehören zum Alltag. Mit 3D-Druckern stellt Dula Sonderanfe­rtigungen her, etwa das Modell einer Diebstahls­icherung für iPads. „Mein Ziel ist nicht, Mitarbeite­r wegzuratio­nalisieren, sondern über Wachstum zumindest so viele Arbeitsplä­tze zu erhalten, wie wir heute haben“, sagt Dustmann. Man müsse internatio­nal konkurrenz­fähig bleiben: „Sonst gibt es uns in Zukunft nicht mehr.“Um die sollen sich künftig die Kinder kümmern. „Unser Sohn wird das Kaufhaus leiten und unsere Tochter irgendwann das Unternehme­n. Sie muss sich aber aktuell auch um die vierte Generation kümmern.“

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FOTO: THISSEN Heinz-Herbert Dustmann ist Chef des Dortmunder Unternehme­ns Dustmann Ladenbau – kurz Dula genannt.

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