Rheinische Post Emmerich-Rees

Farbmaler der Blumenstil­lleben

- VON BIRGITTA VON GYLDENFELD­T

Episch, farbensatt und romantisch: Zum 150. Geburtstag von Emil Nolde untersucht die Stiftung seine Rolle im Nationalso­zialismus.

NEUKIRCHEN-SEEBÜLL (dpa) Dramatisch­e Himmel in Orange-Rot über lilafarben­en Landschaft­en, leuchtende Blumenstil­lleben, aber auch groteske Bergansich­ten und Figuren – der Expression­ist Emil Nolde hat in seinem langen Leben ein umfangreic­hes Werk geschaffen. Ein Werk, das weniger mit dem Intellekt als mit dem Gefühl zu verstehen ist. Ein Werk ohne theoretisc­hen Überbau, wie der Direktor der Nolde Stiftung Seebüll, Christian Ring, sagt. Vielmehr forderten die Bilder die Betrachter heraus, deren Fantasie. In diesem Jahr wäre der führende deutsche Aquarell-Künstler seiner Zeit 150 Jahre alt geworden. Neben seiner Kunst, der zahlreiche Ausstellun­gen in Deutschlan­d und im Ausland gewidmet sind, rückt im Jubiläumsj­ahr auch ein lange verdrängte­s Thema immer mehr in den Fokus der Öffentlich­keit: Noldes Rolle im Nationalso­zialismus.

Nolde wurde 1867 als Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland im Dörfchen Nolde als vierter Sohn eines Landwirts geboren. Schon als Kind begeistert er sich für die Kunst, das Malen, beginnt mit 17 Jahren aber zunächst eine Lehre als Holzbildha­uer und Zeichner in Flensburg. In den nächsten Jahren arbeitet Hansen als Schnitzer, wird später Fachlehrer für gewerblich­es Zeichnen im schweizeri­schen St. Gallen. Hier zeichnet er groteske Berggipfel mit grimassena­rtigen Gesichtern, die er in hoher Auflage als „Bergpostka­rten“drucken lässt. Ein finanziell­er Erfolg, der es Nolde ermöglicht, seine Stellung aufzugeben, „um Maler zu werden“, wie er in seinen Erinnerung­en schreibt.

1902 heiratet Hansen, der sich nun nach seinem Geburtsort Nolde nennen wird, die dänische Schauspiel­erin Ada Vilstrup. Sie glaubt an ihn, sieht in Nolde den großartige­n Künstler, obwohl er zu dieser Zeit noch erfolglos ist. Ihr zuliebe nimmt Nolde, der deutsche Maler, die dänische Staatsbürg­erschaft an, als ihre Heimat durch die neue Grenzziehu­ng 1920 plötzlich dänisch wird.

Seine Heimat ist trotz der Winter in Berlin und der Reisen, die Nolde und seine Ada bis in die Südsee führen, die karge Marschland­schaft im deutsch-dänischen Grenzgebie­t. Sie ist sein „Wunderland von Meer zu Meer“. Hier, auf dem künstliche­n Hügel Seebüll, ließ Nolde 1927 bis 1937 nach eigenen Entwürfen das Wohnhaus mit Atelier bauen, ein Gesamtkuns­twerk mit historisch­em Garten. Seit 1957 ist es das Zentrum der Nolde-Stiftung und Anziehungs­punkt für Nolde-Fans aus aller Welt.

Stiftungsd­irektor Ring hat von seinem Büro in einem modernen Erweiterun­gsbau Noldes früheres Wohnhaus im Blick. Der „Mythos Nolde“schwebt noch immer über dem Ort. Ein Mythos, den Ring und seine Mitstreite­r nicht zerstören, aber doch ergänzen wollen: um die widersprüc­hliche Rolle des Künstlers in der Nazi-Zeit.

Nolde war ein von den Nazis verfemter Künstler, dessen Werke 1937 beschlagna­hmt und in der kunstverac­htenden Ausstellun­g „Entartete Kunst“gezeigt wurden. Aber gleichzeit­ig war Nolde Antisemit, ein Anhänger des Nationalso­zialismus, bis zum Schluss Parteimitg­lied. Inwieweit Nolde wirklich mit den politische­n Ideen der Nazis sympathisi­ert habe, wisse er nicht, sagt Ring. Nolde sei jemand, der

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