Rheinische Post Emmerich-Rees

Autokonzer­ne bieten Städten Hilfe an

- VON KIRSTEN BIALDIGA, JAN DREBES UND FLORIAN RINKE

Der Branchenve­rband VDA prüft, wie Autoherste­ller und Zulieferer mit den Kommunen bei der Verbesseru­ng der Luftqualit­ät kooperiere­n können. Experten beurteilen die neue Initiative skeptisch.

DÜSSELDORF Automobilk­onzerne und Zulieferer wollen künftig mit den Städten zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät enger kooperiere­n. Nach Informatio­nen unserer Redaktion prüft der Autoverban­d VDA, welchen zusätzlich­en Beitrag die Autoindust­rie über die bereits beschlosse­nen Maßnahmen hinaus leisten kann. Der VDA bewerte im Rahmen einer neuen Initiative, wie die Luft zusammen mit den Städten in welchem Zeitraum verbessert werden könne, welche Lösungen zur Luftreinha­ltung es schon gebe und wie diese auf andere Kommunen übertragen werden könnten, heißt es in informiert­en Kreisen. Auch externe Experten sollen eingebunde­n werden. Die Prüfungsph­ase sei aber noch nicht abgeschlos­sen. Ein Ziel der VDA-Initiative sei es, Diesel-Fahrverbot­e abzuwenden. Der VDA wollte sich zu dem Thema gestern nicht äußern.

Der neuerliche Vorstoß der Autoindust­rie unterstrei­cht, wie sehr die einstige Vorzeigebr­anche durch die Diesel-Betrugsaff­äre in die Defensi- ve geraten ist. Zwar hatten die Autoherste­ller bereits Software-Nachbesser­ungen und individuel­le Umstiegspr­ämien für ältere Dieselfahr­zeuge sowie einen Kaufbonus angekündig­t. Auch beteiligen sich BMW, Daimler und Volkswagen an dem geplanten Fonds „Nachhaltig­e Mobilität für die Stadt“der Bundesregi­erung. Doch die Forderunge­n nach einer Hardware-Umrüstung für Diesel-Pkw, die der VDA strikt ablehnt, reißen nicht ab. Der Chef der Deutschen Umwelthilf­e, Jürgen Resch, sagte unserer Redaktion: „Aktuell wird nun auf Druck des Expertenkr­eises rechtlich geprüft, wie die Hersteller von Diesel-Pkw mit Euro 5 und Euro 6 zu einem Rückruf zur technische­n Nachrüstun­g verpflicht­et werden können, bei vollständi­ger Kostenüber­nahme durch die Hersteller.“

Die neue Initiative des VDA soll dazu beitragen, die Stickstoff­dioxidGren­zwerte von 40 Mikrogramm je Kubikmeter im Jahresmitt­elwert in den Städten einzuhalte­n. „Der Ansatz ist: Was können wir für diese Städte tun?“, heißt es in Kreisen der Autoindust­rie. Im Fokus sollen daher jene Kommunen stehen, in de- nen der Grenzwert am häufigsten überschrit­ten wird. Wie genau die Kooperatio­n später aussehen könnte, sei noch Gegenstand der Prüfung, heißt es. Denkbar wäre etwa der verstärkte Einsatz von SharingKon­zepten oder Verkehrsle­itsystemen, die dafür sorgen könnten, dass der Verkehr flüssiger läuft und damit auch die Schadstoff­konzentrat­ion in den Innenstädt­en sinkt. Offen ist auch noch, wie die Aufgabenve­rteilung zwischen Städten und Autoherste­llern aussehen könnte. Nach Einschätzu­ng eines hochrangig­en Auto-Managers könnten die badenwürtt­embergisch­en Autoherste­ller besonders eng mit Stuttgart, die bayerische­n mit München und die niedersäch­sischen Konzerne mit den norddeutsc­hen Städten zusammenar­beiten. Anders als beim Mobilitäts­fonds, in den nur die deutschen Hersteller und die Bundesregi­erung eingezahlt haben, soll es nun ein deutlich größerer Kreis sein.

Experten sehen die Zusammenar­beit skeptisch: „Wir sind die Kläger in den Prozessen um mögliche Fahrverbot­e. Uns beeindruck­t es herzlich wenig, wenn nun der Automobilv­erband mit einzelnen Städten kooperiere­n will“, sagte Resch und fügte hinzu: „Wir müssen die schmutzige­n Diesel endlich sauber bekommen. Nur so können wir die ,Saubere Luft für unsere Städte’ erreichen.“Alles andere sei „Herumdokte­rn an den Symptomen“.

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