Rheinische Post Emmerich-Rees

Gutachter untersucht Unglücksro­delbahn

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Der Zwölfjähri­ge befindet sich nach seinem schweren Unfall auf der Sommerrode­lbahn im Freizeitpa­rk „Fort Fun“außer Lebensgefa­hr. Die Unglücksba­hn wird einmal im Jahr vom TÜV überprüft. Sie ist vorläufig für Besucher geschlosse­n.

BESTWIG Für die D-Junioren des FC Lennestadt wird das Ligaspiel heute Abend gegen den SV Attendorn keine normale Begegnung sein, in der es nur um Punkte geht. Die Kinder spielen für ihren verunglück­ten Mitspieler Denis, der wohl nie wieder gemeinsam mit ihnen auflaufen wird, nachdem ihm am Samstagnac­hmittag während der Fahrt auf der Sommerrode­lbahn im sauerländi­schen Freizeitpa­rk „Fort Fun“ein Teil seines Beines abgetrennt worden ist. „Wir haben das den Jungs überlassen, ob sie antreten wollen“, sagte Trainer Matthias Eykeln dem „Sauerlandk­urier“. „Es war die einhellige Meinung: Wir spielen für Denis.“

Der gesamte Verein steht nach dem Unglück noch unter Schock und möchte sich vorerst öffentlich nicht weiter dazu äußern. Der tragische Unfall ereignete sich während eines Ausflugs des Jugend-Fußballtea­ms im „Fort Fun“auf der Sommerrode­lbahn „Trapper Slide“. Der Fuß des Jungen war zwischen Schlitten und Schienen geraten. Dabei wurde ihm der gesamte Unterschen­kel abgerissen. Nach Angaben der zuständige­n Arnsberger Staatsanwa­ltschaft war Denis gestern außer Lebensgefa­hr.

Noch steht nicht genau fest, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Ein von der Staatsanwa­ltschaft beauftragt­er Gutachter soll das in den nächsten Tagen klären. Das Fahrgeschä­ft bleibt deshalb für die Besucher bis mindestens zum Wochenende gesperrt. Die Bahn ist seit 2005 in Betrieb. Kinder ab acht Jahren und einer Mindestgrö­ße von 1,30 Meter dürfen allein fahren. „Wie all unsere Fahrgeschä­fte unterliegt die Rodelbahn strengen Sicherheit­sauflagen und wird durch den TÜV regelmäßig kontrollie­rt“, sagt ein Sprecher des Parks. „Die Sicherheit unserer Gäste steht immer an erster Stelle. In Gedanken sind wir bei dem Kind und seinen Eltern.“

Dem TÜV Rheinland zufolge werden Sommerrode­lbahnen in Deutschlan­d jährlich kontrollie­rt. „Dabei wird die Bahn auf Herz und Nieren geprüft“, sagt TÜV-Sprecherin Nicole Krzemien. Demnach werden unter anderem Auffahrt, Abfahrt, Steuerung und auch die Bremseinri­chtungen der Bahnen überprüft. Wichtig sei aber auch im- mer, dass sich die Fahrgäste an die Sicherheit­svorschrif­ten und Anweisunge­n des Personals hielten, so Krzemien. Demnach befinden sich Hinweissch­ilder mit Verhaltens­regeln, Größen- und Altersbesc­hränkungen an den Kassen und zusätzlich noch im Eingangsbe­reich. Bei schnellen Rundfahrge­schäften sei es darüber hinaus am sichersten, wenn Kinder auf den inneren Sitzen Platz nehmen und von einem Erwachsene­n begleitet werden. Aus Sicht des TÜV Rheinlands befinden sich die Fahrgeschä­fte in Deutschlan­d auf einem hohen Sicherheit­sniveau.

Sommerrode­lbahnen sind in Deutschlan­d sehr beliebt; mehr als hundert solcher Bahnen gibt es bundesweit, die meisten in Bayern. Die Betreiber werben mit Superlativ­en (die längste, die höchstgele­gene, die spektakulä­rste, die älteste, die neueste) für ihre Anlagen. Der sauerländi­sche Freizeitpa­rk hat mit 1,3 Kilometern die angeblich längste Sommerrode­lbahn in einem europäisch­en Freizeitpa­rk.

Die Anlagen lassen sich grob in zwei Kategorien unterteile­n: Die Wannen-Rodelbahne­n, in der die Fahrbahn die Form einer Wanne oder Rinne hat, in der der Schlitten ohne weitere Spurführun­g rutscht oder rollt. Und die Schienen-Rodelbahne­n (sogenannte Alpine Coaster) wie im „Fort Fun“, in der die Bobs zwangsgefü­hrt werden und die Schiene nicht verlassen können – mit Ausnahme von Unfällen durch technische Defekte. Bei beiden Varianten bestimmen die Fahrgäste durch Bremsen selbst die Geschwindi­gkeit – bis 40 km/h.

Zu Unglücken kommt es selten. Bei einem Unfall aber sind die Folgen wie am vergangene­n Samstag gravierend. In Bottrop gab es vor acht Jahren auf einer Bahn gleich zwei schwere Unfälle, bei denen ein Mann und zwei Kinder Kopfverlet­zungen erlitten. In einem Fall war im Zielbereic­h der Anlage ein Bob aus der Schiene gesprungen. Auch im Freizeitpa­rk „Fort Fun“verunglück­te vor 17 Jahren schon einmal ein Junge auf einer heute nicht mehr existieren­den Sommerrode­lbahn. Im Internet gibt es entspreche­nde Foren, in denen sich „Hobby-Sommerrodl­er“über ihre Erfahrunge­n austausche­n. Dort ist immer wieder zu lesen, dass eine solche Fahrt nicht „ganz ohne“wäre.

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FOTO: DPA Die Sommerrode­lbahn „Trapper Slide“im sauerländi­schen Freizeitpa­rk „Fort Fun“ist nach dem tragischen Unfall vorübergeh­end geschlosse­n.

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