Rheinische Post Emmerich-Rees

„Degowski ist nicht resozialis­ierbar“

- VON FRANZISKA HEIN

Ex-Polizist Winrich Granitzka spricht über die Freilassun­g des Geiselnehm­ers.

KÖLN Der damalige Kölner Einsatzlei­ter beim Gladbecker Geiseldram­a, Winrich Granitzka (74), kritisiert die bevorstehe­nde Freilassun­g von Dieter Degowski. „Jemand, der ein anderes Leben so kaltblütig vernichtet, kann in meinen Augen nicht in die Gesellscha­ft zurückkehr­en“, sagte Granitzka.

Im August 1988 hatten Hans-Jürgen Rösner und Degowski die Deutsche-Bank-Filiale in Gladbeck überfallen, anschließe­nd mehrere Geiseln genommen und sich mit einem bereitgest­ellten Fluchtwage­n fast drei Tage eine Verfolgung­sjagd mit Polizisten geliefert. Dabei starben zwei Menschen: der 15-jährige Emanuele de Giorgi und die 18-jährige Silke Bischof.

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass das Amtsgerich­t Arnsberg dem Antrag auf Freilassun­g von Degowski zugestimmt hat. Auch Rösner will nun in Haft eine Therapie beginnen und danach sei- ne Haftentlas­sung beantragen. Sowohl Degowski als auch Rösner seien in ihrer Kindheit und Jugend nicht sozialisie­rt worden, sagte Granitzka. „So jemand kann nicht resozialis­iert werden.“

Der mittlerwei­le pensionier­te Polizeibea­mte war damals 45 Jahre alt.

Winrich Granitzka Er war Einsatzlei­ter bei der Polizeidir­ektion Köln und koordinier­te später die Festnahme der Gladbecker Geiselnehm­er.

In der Einsatzzen­trale verfolgte er die Festnahme auf der A3 bei Bad Honnef über Funk. „Niemand sprach, irgendwann rief ein Kollege über Funk ,Zugriff gelungen, Geiseln unverletzt’. Danach war Jubel.“Doch diese erste Meldung stellte sich als falsch heraus. „Ich empfinde auch noch Jahrzehnte später ein Versagensg­efühl. Nicht, weil ich etwas falsch gemacht hätte, sondern weil wir Silke Bischof nicht retten konnten.“

Kurz nach der Geiselnahm­e wurde Kritik laut am Einsatz der Polizei und auch am Verhalten der Journalist­en. Dass die Polizei damals Möglichkei­ten für einen früheren Zugriff verstreich­en ließ, wertet Granitzka als Fehler. Als sich die Geiselnehm­er in Bremen aufhielten, habe es die Möglichkei­t zur Festnahme und Befreiung der Geiseln gegeben, weil Degowski kurz mit ihnen allein gewesen sei. Polizisten hatten das beobachtet, aber nicht eingegriff­en. „Das war der Kardinalfe­hler.“Heutzutage kämen solche Taten kaum mehr vor.

„Ich empfinde auch noch Jahrzehnte später ein Versagensg­efühl“

Das Interview lesen Sie unter www.rp-online.de.

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